als er nach Einführung einer repräsentativen Verfassung zum )
Staatsgerichtshof erhoben, über Anklagen zu entscheiden hatte,
die von den Ständen gegen einen Minister vor sein Forum zebracht
worden waren", Diese Stelle hatte Welcker ebenso unteanatendet
jelageen wie der sächsische Zensor in Leipzig, und damit war nach
dem Bundes-Pressgesetz der Autor wie der Yorloger und Herausgeber
zesichert., Allein die kurhessische Regierung in Cassel dachte
anders, Kurhessen, das ausser in dem Ärtikel „Cassel" von Fordan
nirgends im Staatslexikon erwähnt, sollte den traurigen Vorwurf
auf sich laden, dass von ihm aus als eingigster Fall einem Mit-
arbeiter am Stiatslexikon der Prozess gemacht wurde. Die kurhes-
sische Regierung, Öle gerade daran war, auch gegen Sylvester Jor-
lan vorzugehen, sSah in diesem Artikel einen Angriff auf ihren
jtaatsgerichtshof, von dem seinerzeit die Ministeranklage gegen
Hassenpflug erledigt worden war, und die allgemein die Oeffent-
lichkeit nicht befriedigt hatte, und bald tauschten die Regie-
rungsbehörden ihre Schriftstücke aus, in denen es hiess: „«-..der
yeneannte Verfasser soll der hier wohnhafte Hofrat Friedrich Mur-
hard sein, ein Individuum, das überhaupt in dem Rufe eines gehäs-
sigen Zeitschriftenkorrespondenten steht" (Dep.d.Inneren an Just.
Min. a/iMurh. 3ibl.),
‚An einem Januarmargen des Jahres 1844 erschien der Po-
Lizeidirektor Robert mit einigen Polizisten und verhaftete den
ahnungslosen Murhard in gerade nicht sehr rücksichtsvollen Formen
aus Sweiner Wohnung weg. Bei bitterer Winterkälte musste der
>5Jjährige Wann wie ein Verbrecher eskortiert von seiner Wohnuni
am Königsplatz den Veg durch die belebtesten Strassen der Stadt
zum Gefängnis am Leipziger Tor antreten. Dort wurde er in eine
vergitterte Zelle gesperrt und ein Polizist, den er vergeblich
in ein Nebsnzimmer zu legen bat, mit ihm zur strengsten Bewachung
gingestellt., Zwar gelang es vor allem seinem Brüder nach einigen.
Tagen gegen eine Kautionsstellung von 6000 Thalern die Haft auf-
zuheben bis zur Gerichtsyerhandlung, und Murhard durfte in seine
Yohnung zurückkehren. Im Juni 1845 erfolgte die Verurteilung; sie
lautete auf 4 Monate Gefängnis und 300 Taler Geldstrafe wegen Uf-
fentlicher verläumderischer AÄAusserunzen gegen die HE
DEE SENT OEL O TUNG und einer Anreizung zur Unzufriedenheit" (Gerichts
akten). Murhard legte Berufung ein,
Allenthalben wurde die Murhardsche Angelegenheit Tages-
zespräch, nicht nur in Cassel, sondern in gang Deutschland, Bie-
dermann in Leipzig achrieb im VMärzheft 1844 der „Monatsschrift
für Literätur und Öffentliches Leben", dass alles dies nur Machen-
Schaften seien, um das gegen Jordan arbeitende Oberappellations-
zericht über alle Zweifel seiner Unfehlbarkeit zu stellen.„Ueber
die Art, wie man hierbei gegen Murhard verfahren, über die scho-
hungslose und durch die Umstände wohl schwerlich gerechtfertigte
Form seiner Verhaftung, die Besetzung seiner Wohnung mit Gendarmer
and die. Beschlagnahme seiner Papiere wollen wir hier ebenso wenig
and weitläufig aussprechen, als über das schmerzliche Erstaunen,
welches dieses! gegen einen durch sein Alter ehrwürdigen,wegen
seiner schriftstellerischen Leistungen und seines persönlichen
Üharakt-ers allgemein hochgeachteten Manne beobachtete Verfahren
aller Orten erregt hat" (ebd.) Im „Allgemeinen ADESSSDP der Deut-
schen" erschienen lange Artikelreihen {87.59.65 86),in denen der
juristische Nachweis erbracht wurde,dass arhard auf Grund des
leutschenm Bundes=-Pressgesetzes nicht belangbar sei, und in einer
Prankfurter Broschüre heisst es:dass Welcker den Prozess heraus-
zeben und glossieren werde und weiter: „man hat freilich in der
jüngsten Zeit Kurhessen in mehr als einer Beziehung öfter als
ainen- Ausnahmestaat/in Deutschland begeichnet,und sogar bisweilen
mit Modena in Italien .vergleichen hören". |
I So oft aber auch Murhard um Wiederaufnahme und Erledi«
zung des Verfahrens nachkam,man verschleppte den Prozess durch
Jahre,und erst die Revolution von 1848 schlug ihn endgültig nie=
fer.