Full text: Friedrich Wilhelm August Murhard

günstig auch die Verhältnisse sind, so darf man doch nicht den 
fat verlieren, Gutes und Nützliches zu wirken" (a,Cotta 4.7.1823) 
80 nehmen denn oft mehr als qewoLlt,gie Batranhtungen 
der außerdeutschen Verhältnisse breiten Raum” 8in,. Wie die der 
kleineren deutschen Ständeversammlungen, der nassauischen, der 
großherzsgl.hessischen, der badischen, der Weimarer und Coburger, 
sind es meist Auszüge aus den Sitzungsprotokollen mit oft nur 
ganz geringem Kommentar, die auch von den französischen, enzlische 
niederländischen und amerikanischen Parlamentsverhandlungen berich 
ten; und besonders die spanischen Cortesversammlungen ng üie Zr- 
eickbsse und Begebenheiten der südeuropälischen Revolutionen ein- 
schliesslich der Bewegungen auf dem Balkan werden in oft ermüden- 
üer Breite dargestellt, Aber es darf dabei nicht Übersehen werden, 
daß diese Stoffe damals mit Heißhunger verschlungen wurden, und 
wenn man weiter bedenkt, welche Lehren und Betrachtungen doch der 
deutsche Leser aus dieser Lekture im Vergleich zu seiner Staats- 
wirklichkeit ziehen konnte, so wird man Bedenken tragen, den Wert 
dieser langen Abhandlungsreihen außer Acht zu lassen, Daß außer 
dem in jenen Blättern doch auch manches sehr Positive steckte, 
wird sich bald zeigen, und das Wort Treitschkes von der „Schlecht- 
hin bodenlosen Publizistik" (D.,Gesch.2/406) einer ernsthaften 
Nachprüfung empfehlen, 
Die Annalen sind auf lange kin in Südwestdeutschland 
„fast das einzige Journal von einer gewissen echt liberalen Ten- 
denz" (a,Cotta 17.12.1823) gewesen, Ihr Leserkreis war das intel- 
ligente Bürgertum dieser Gegend, doch hatte das Blatt auch zahl- 
reiche Abonnenten in Norddeutschland unter den westfälischen &&® 
ENMENENNKENENE Domänenkäufern, für die auch Murhard jetzt noch 
ab und zu eine Lanze brach und Cotta oft nur dafür gewinnen konn- 
te, indem er auf die damit verbundene grössere Absatzmöglichkeit 
der Zeitschrift hinwies (a,Cotta 26,4,1823), Die Annalen, die 
auch in der öffentlichen Kritik gutgakfgenomnmen wurden, wie eine 
Rezension der „Mainzer Zeitung" von deren veräienten Redakteur 
Professor Lehne aus dem Sommer 1821 (25,0,Nr.102) zeigt, erlebten 
in ihren be&sten Zeiten eine Auflage, die bis am 1000 Exemplare 
reichte, eine Zahl deren Bedeutung erhellt, wenn man weiß, daß der 
80 wertvolle „Staatsmann" Pfeil-Schifters kaum über 250#Bxemplare 
absetzte (a,.Cotta 17.12.1823). Trotzdem hatte das Blatt pgeh f1i- 
nangiell einen nicht leichten Stand,besonders als die Niederschla«s 
gung der südeuropäischen Revolutionen auch in Deutfschland dem Öf= 
fentlichen politischen Leben neue Knebel anlegte (a.Cotta Zei. 21)e 
Ehe num auf die speziellere publizistische Tätigkeit 
Fr.iMurhards eingegangen wird, Soll vorausgreifend die Geschichte 
der äußeren Begebenheiten dieser Periode seines Lebens zu Ende ge=- 
bracht werden, 
Es genügt der Hinweis, wie Metternich entsprechend den 
Karlsbader Beschlüssen darauf aus war,auch im Bundestag zu Yrank- 
furt die liberalisierende Opposition auszuschalten, und wie 68 m” 
nach den Wiener Konferenzen mit dem preußischen Minister Bernstorf 
im Winter 1822/23 gelang, das Haupt dieser Opposition, den württb, 
Gesandten FrE,v.Jangenheim, durch Abbernufung vom Bundestag zu ent—- 
fernen. 
Die Rückwirküung dieser Ereignisse auf die ganze politie 
sche Stimmung in den Frankfurter diplomatischen und publizistische 
Kreisen blieb nicht aus, Man Bekann den Zeitungsschreibern und 
Korresvondenten vornehmlich immer schärfer auf die Finger zu sehen 
und die Spitzel der Mainger Untersuchungskommnission wie auch vie=" 
ler Regierungen tauchten zahlreich in Frankfurt auf, und immer 
häufiger wurden die Ausweisungen literarisch-politisch tätiger 
Schriftsteller. Auch lMurkard wärde eifrigst überwacht; besonders 
war es ein Herr von Meseritz, der in Megternichschen Diensten 
stand und der Murhards Vertrauen gröblichst täuschte. Er stellte 
Murhard besonders als grimmigen Feind des Kurfürsten von Hessen 
dar wegen Murhards westfälischer Domänenhändel, und daß \urhard 
geäußert habe, er wolle zlühende Pfeile nach Cassel senden, Vor. 
allem diese letzte Aeußerung griff nun der kurhessische Polizei 
Gewaltige, der Herr von Manger in Cassel auf, der seit dem Sommer 
1823 die fieberhaftesten Anstrengungen zagbt9,. Öle geheimnisvolle. 
Sohreiber ‚iner Drohkhbriefe gegon oe Leben 408 508° ‚schen Luriürs 
ton und seiner Maltrosse ausfindig zu machen. Di Angelogenhe
	        
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