Der Import fiel in das gerade dafür wie geschaffene Minnezeit-
alter und so dauerte es nicht lange, bis es auf allen Burgen und
Herrensitzen lustig plätscherte. Auch der Landgraf hatte in sei-
nem Schloß eine Badestube, in der er der neuen Sitte huldigen
konnte. Wir dürfen sogar unterstellen, daß er dort mit seinen
Herren und Damen gemeinsam badete. Soweit wäre alles, auch
mit unseren Augen betrachtet, ganz normal. Aber wie erklärt es
sich plötzlich, daß er die Einrichtung öffentlicher und für jeder-
mann zugänglicher Badehäuser anordnete? Die Antwort ist ganz
einfach: Es war zu langweilig immer mit denselben Leuten zu
baden. Die öffentlichen Bäder waren viel amüsanter. Nur so ist
auch zu erklären, daß Landgraf Ludwig I. (1413 - 1458) in einem
Jahr 16 mal die öffentlichen Badestuben Kassels aufsuchte und
auch Staatsgäste dazu einlud.
Man muß sich diese Badestuben als große, stattliche Häuser
vorstellen. Im Erdgeschoß lagen die Umkleideräume und das
Badebassin. Manchmal war anstelle des Bassins auch ein gro-
Ber Raum mit mehrsitzigen Bottichen angeordnet. Dort gab es
neben den Badebottichen, Kessel mit heißem Wasser, Liege-
bänke, Reisigruten und Bürsten zum massieren.
Das 1. Obergeschoß war. als umlaufende Galerie ausgebildet,
die für Zuschauer gedacht war. Dann gab es Kabinen mit doppel-
sitzigen Wannen und Spitzzelte, die über den Zubern errichtet,
das Entweichen des Dampfes verhinderten. Zunächst als eine Art
Dampfbad gedacht, wurde es sehr bald nichts anderes als ein
Chambre separde, Ganz oben wohnte der als unehrlich geltende
Bader mit seinen Gesellen und Mägden. Auch die Küche und die
Wirtschaftsräume waren hier untergebracht, denn was war ein mit-
telalterliches Badehaus ohne schwunghafte Bewirtschaftung.