„Der kann dich nicht leiden“, einem plötzlich eine Liebenswürdigkeit erweist;
da ist man direkt erschrocken. Und viel tiefer beeindruckt, als wäre es
einem vom besten Freund widerfahren.
Aber was .nun? Ein Beitrag zur Zisselzeitung — diese freundliche Auf-
forderung kann und will ich nun nicht enttäuschen. Tja — leicht gesagt!
Sicher ist über den Zissel von berufenen Federn im Laufe der Jahre schon
alles geschrieben worden, was der Stoff nur irgend hergibt: Entstehung,
Brauchtum, Anekdotisches — alles. Könnte ich Kasseler Mundart, so würde
ich (wie mir ein Kollege riet) einfach eine lustige Sache von Thoma aus
dem Bayrischen ins Kasselänische übersetzen. Na — ‚vielleicht auch nicht;
es käme mir ein bißchen unlauter vor. Und ich kann auch nicht kasselänern,
trotz fünfzehn Jahren Kassel immer noch nicht, und trotz sonst guter
Dialektbegabung. Aber dies ist auch ein besonders schwieriger Dialekt für
einen Nichteingeborenen. Und man kriegt ihn nicht, wie andernorts die
zuständigen Mundarten, auf Schritt und Tritt zu hören, sogar kaum mal
in der Straßenbahn. Wie also sollte ich ihn erlernen? Halt — vielleicht auf
dem Zissel!
Was weiß ich vom Zissel? Daß er männliches Prädikat hat; es heißt: der
Zissel. Und daß er die längste Zeit meiner fünfzehn‘ Kasseler Jahre nicht
stattfand — wie so manches Lebensfrohe nicht. Daß er mit einer Kirmes
und einem bunt-lustigen Bootsfahren auf der „Fulle“ verbunden ist. (Wissen
die Kasseläner überhaupt, daß ihr Fluß offiziell die Fulda heißt?) Und daß
er ein seltsames Wappen hat — den Hering, den Zisselhering. Dies sind die
Fakten, soviel ich weiß — aber was die für Hintergründe haben, weiß ich
leider nicht. Blamabel — ich sehe es ein!
Ich werde diesmal auf den Zissel gehen und mich so gründlich informieren,
daß mich hinterher nur noch einige saure Zisselheringe retten können.
Und dann sollen Sie staunen, was ich in der nächstjährigen Zisselzeitung
alles über den Zissel weiß! Mindestens so viel wie die lebenslänglichsten
Kasseläner!
Cara Gyl
Der Zissel, Ursprung und Herkunft
Als die Germanen hoch im Kurs standen — kürzlich‘ vor tausend Jahren —
schanzte man diesen die Erfindung des Zissels zu. Dann besann man sich
im Zug der Zeit wieder einmal auf die Bürgerrechte. Und sogleich fanden
sich wiederum findige Forscher, welche feststellten: die Fischergilde war es,
die als erste zisselte.
Mit nichten (klein geschrieben) erklärte jedoch die Fachschaft Bootsverleih:
Wir waren es, die um die Jahrhundertwende die Kähne zuerst zu Wasser
gelassen haben.
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