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Kaiserrecht ein jeder richten, der es studiert hatte, während die Kenntnis
des Gewohnheitsrechts immer nur bei wenigen, in die Tradition eingeweihten
und alteingesessenen Vollbürgern zu finden war. Diesen wurde ihre Präro-
gatiue damit genommen. Das Verbot an die Schöffen, auch als Anwälte vor
Gericht aufzutreten, da sie doch zugleich Richter seien, und die Beschränkung
der Gebühren läßt manchen Mißbrauch in dieser Hinsicht mutmaßen; so wie
die — wenn auch ihrerseits wieder über das Ziel hinausschießende — Be
stimmung, daß dem Marktmeister bei Strafen über falsches Maß und Gewicht,
und dem Bauermeister bei Wachtvergehen schlechterdings Glauben zu schenken
sei, darauf hindeutet, daß die Herrschenden bis dahin gar manchem der Ihrigen
durch die Finger gesehen hatten.
Das Edikt trifft gute Bestimmungen gegen die Verschleppung der
Prozesse und führt doppeltes Protokoll für die Gndurteile ein. Auch den Aus
wärtigen wird das Rechtsuchen vor dem Stadtgericht wesentlich erleichtert,
— alles Beweise dafür, daß in dieser Hinsicht gesündigt worden war. Besonders
hervorzuheben ist, daß der landgräfliche Schultheiß bei Missetaten auch für
sich allein Anklage erheben konnte, also in die Punktion des öffentlichen
Anklägers eintrat. 6r erhält überhaupt eine überwiegende Stellung dem
Stadtgericht gegenüber; und indem diesem die Berufung an irgendwelche
auswärtige Jnstanz, also an die sogenannten Oberhöfe, untersagt und jede Ent
scheidung bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Kollegs in des Eandes-
herrn Hand gelegt wird, dem der Schultheiß als Vorsitzender der Schöffen zu
berichten hat, wird alles straff zentralisiert. Die Stadtbehörde, wenn von einer
solchen noch geredet werden kann, liegt gebunden zu des Tandgrafen Pützen.
7hre Mitglieder werden auf die neue Ordnung vereidigt und sollen niemanden
als ihm verbunden fein, also sich von den erbverbrüderten Pürsten lossagen.
Aber auch die Gemeinde hat ihre Vertreter eingebüßt: die beiden sogenannten
Gemeinen Bürgermeister, man nannte sie auch der Gemeinde Ulorthalter,
da sie diese dem Rat gegenüber zu vertreten hatten, werden, da letzterer
nur noch Gerichtsbehörde ist, als überflüssig abgeschafft.
Schließlich wenden sich zwei Punkte ganz offenbar gegen Aufruhrgelüste
und etwaiges Einverständnis mit äußeren Peinden: daß nämlich der, in dessen
Haufe Peuer auskommt, bestraft werden soll, — wobei also ohne weiteres
absichtliche Brandstiftung vorausgesetzt wird, — und daß der, welcher ein
Heilalgeschrei erhebt, dies vor Gericht zu verantworten hat oder ebenfalls
vom Schultheißen in Strafe genommen wird.
War die Konstitution vom Standpunkte des Despoten ein Meisterstück,
so mag sie wohl auch ihrerzeit nicht unberechtigt gewesen sein. Die Politik