Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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Bald kommt neue Bewegung in Hermanns Casseler Stadtpolitik. Am 
26. Februar 1384 begeht er einen Gewaltakt, indem er die bisherige Stadt- 
uerfassung aufhebt und eine neue Ordnung einführt, 1 ) die unter der Ver 
nichtung der bisherigen freien Selbstbestimmung im Regiment der Bürger den 
Stadtherrn zum alleinigen Gebieter und dessen Hüllen zum obersten Gesetz 
macht. 6ine Analyse des Ediktes, des ersten, das allgemeine konstitutive Be 
stimmungen für Cassel trifft, wird seine ungemeine Wichtigkeit für die Ent 
wickelung der Stadt wie für die allgemeine Zeitgeschichte erweisen. Will man 
aus der Reuordnung der Dinge auf die älteren Zustände schließen, so ist festzu 
halten, datz man Bestehendes nicht fixieren, sondern anders machen wollte. 
Hiernach wird es nicht schwer sein, sich ein Bild jener Verhältnisse zu entwerfen. 
Zunächst wird der eine Rat bestätigt für die drei Städte. Aber die Er 
nennung dazu, die wohl bis dahin bei der Bürgerschaft stand, wird lediglich 
in die Hände des Landgrafen gelegt, der die Mitglieder nach Belieben, so viel 
und so oft er will, berufen und absetzen kann. Dann aber wird der Rat, der 
sich aus dem Richter- oder Schöffenkolleg zur Verwaltungsbehörde entwickelt 
hatte, dieser Eigenschaft wieder völlig entkleidet und lediglich auf die Recht 
sprechung beschränkt. Der Rat, das find die Schöffen, heisst es wiederholt. 
Die Hauptzweige der Magistratsverwaltung waren damals hier, wie 
auch in anderen Städten, die Marktaufsicht, die Aufsicht über Matz und Ge 
wicht und die Baupolizei. Die Aufsicht über den Markt und die Setzung des 
„Ratkaufs", d. h. der Marktpreise, des Kaufes auf Vor-Rat, wird jetzt einem 
vom Landgrafen bestellten, vereidigten Marktmeister übertragen, der gemein 
sam mit dem landgräflichen Richter oder Schultheitzen die Taxen bestimmt. 
Bei etwaiger Anklage wegen Überschreitung der Taxe wird dem Marktmeister 
auf seinen Diensteid geglaubt. Ebenso haben die beiden die Kontrolle über 
Matz und Gewicht. Die Baupolizei, d. h. die Aufsicht darüber, datz die 
Häuser nicht zu weit übergebaut oder in die Stratze hineingesetzt werden, 
wird dem Schultheitzen anheimgegeben. 
Ferner gehörte zur Kompetenz des Rates die Bestellung der Wachten 
und die Hut der Stadttore. Für die Wachten beruft der Landgraf jetzt selbst 
oder durch seinen Schultheitzen drei Bauermeister, aus jedem Stadtteil einen, 
und ihre Aussage soll bei Versäumnis der Wachten für den Richter einfach 
beweisend sein. Ebenso werden die Torhüter vom Landgrafen angestellt und 
nur auf ihn vereidigt, wenn sie auch die Stadt besolden darf. — Da, wie schon 
oben gesagt wurde, die Kaufleute an dem Widerstand gegen Hermann einen 
1) Siehe Hess. Landes-Ordnungen, Bd. 1, S. 5ff.
	        
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