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Seit dem Jahre 1373 stritten zwei Bewerber um den Mainzer Bischofs-
stuhl: Ludwig, Markgraf von Meißen, und Adolf, ein Graf uon Nassau. Den
Landgrafen von Hessen wies die Freundschaft wie sein Interesse auf die Seite
des Meissners, den Bruder der erbuerbrüderten Fürsten, und aus seinen Händen
empfing er auch im Jahre 1379 die erzstiftischen Lehen seines Hauses. Allein
trotzdem Ludwig das Reichsoberhaupt für sich hatte, gelang es Adolf doch,
sich im Besitze des Erzstifts zu behaupten und durch kluge Benutzung des
Schismas auf dem heiligen Stuhl, wo seit 1378 dem Papst Urban VI. in Frank-
reich Clemens VII. als Gegenpapst gegenübergestellt worden war, seine An
erkennung durchzusetzen. Karl IV. sah sich genötigt, Ludwig fallen zu lassen,
der mit dem Erzbistum Magdeburg entschädigt wurde, und die Anerkennung
Adolfs auf dem Reichstag in Hürnberg am 4. Februar 1381 auszusprechen.
Damit war ein junger Prälat auf dem erzbischöflichen Stuhle inthronisiert,
der — weit entfernt, ein geistlicher Seelenhirte zu fein, — nur auf die Ver
größerung seiner Macht ausging und die Möglichkeit hierzu am ersten in dem
nahegelegenen Hessen gegeben sah; der Hermann aufs bitterste haßte und
ihm an ruhig abwägender Klugheit, Tatkraft und Weite des Blickes be
deutend überlegen war. Zunächst allerdings waren dem Erzbischof durch die
allgemeine Reichspolitik die Hände noch zu sehr gebunden, als daß er hätte
losschlagen können. Allein er benutzte die Zeit, um seinen Gegner förmlich
einzukreisen und zu isolieren, wobei ihm der Bruch Hermanns mit den
Thüringern sehr zustatten kam.
Hermann seinerseits tat nun einen merkwürdigen und höchst auffallenden
Schritt. Gleich als hätte er sich den Weg zur Verständigung mit den erbver-
brüderten Fürsten selbst uerlegen wollen, söhnte er sich mit Otto dem Quaden
aus und ging mit diesem am 2. Oktober 1381 sogar eine Art Erbvertrag ein,
ganz ähnlich dem mit Thüringen abgeschlossenen, wodurch er die ganze Erb-
uerbrüderung, die ihm im Sternerkrieg das Land gerettet, in Frage stellte.
Er erreichte damit zweifelsohne, daß die Lasseier Bürger aus Göttingen aus
gewiesen wurden. Ob diese etwa sich inzwischen dem Erzbischof Adolf ge
nähert hatten, wissen wir nicht. Aber Adolf hätte nicht sein müssen, der er war,
wenn er nicht alle dem Landgrafen feindselig gesinnten Elemente um sich
zu sammeln gewußt hätte. Die Bemühungen hessischerseits, die Angaben der
Bürger als unwahr hinzustellen und das Verhalten Hermanns zu entschul-
digen und in Schutz zu nehmen, lassen darauf schließen, daß die Anklage der
Vertriebenen auf Eidbruch lautete. Nun weiß Adolf in dieser Zeit, am 6. Juni
1381, uor dem päpstlichen Legaten, Kardinal Pileus in Mainz, ein gerichtliches
Verfahren gegen Hermann von Hessen zu eröffnen, dessen Unterlage wir zwar