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Balthasar vermittelte Sühneuertrag war beiderseits zwar feierlich beschworen
worden. Auch besagt eine weitere Urkunde vom 17. Juni, daß der neue und
der alte Rat zu Cassel und der in der Neustadt um Herstellung der Einigkeit
willen dem Junker Hermann als ihrem Fürsten geschworen haben, daß sie
nimmermehr keine Besetze in der Stadt oder sonstwo gegen ihn machen oder
eine Sache vor sich nehmen und durchsetzen wollen, die wider ihn sei und zu
Recht nicht bestehen könne; wogegen der Candgraf alle Aufläufe und Zwie-
trächtigkeit, wie sie bis auf den Tag geschehen, verzeihen will. Hatz diese
Zusage aber erzwungen worden, geht deutlich aus ihrer Fassung hervor; es ist
nicht eine von Bürgermeister und Rat abgefaßte und besiegelte freiwillige Er
klärung, — vielmehr eine Urkunde des Landgrafen, daß solches geschehen, und
er allein hat die Tatsache mit seinem Siegel beglaubigt und die Aufnahme
des Dokuments in das Stadtarchiv geboten. Bald stellte es sich heraus, daß
alle Besprechungen der Art nur für die Bürgerschaft eine lästige Fessel waren,
bestimmt, ihre Aktionsfreiheit zu hemmen. Landgraf Hermann war nicht ge
willt, die Demütigung ungerochen hinzunehmen.
Es bestanden damals in Cassel wie auch in anderen hessischen Städten
zwei Parteien, deren eine den Thüringer Landgrafen ergeben war. Denn noch
immer lebte Hermann mit seiner nassauischen Gemahlin in kinderloser Ehe;
das Aussterben des hessischen Hauses und damit der Anfall der Lande an die
erbverbrüderten Thüringer war sehr wahrscheinlich. Um so mehr mutzte es
einen eigenwilligen Charakter wie den des Hessenfürsten verdrießen, daß
Landgraf Balthasar sich auf Ersuchen seiner Partei — denn daraufhin war es
zweifellos geschehen — gleich als hätte er schon festen Fuß im Lande gefaßt, in
dessen innere Angelegenheiten einmischte. Die Beseitigung des Sühnevertrags
von 1378, der günstig genug für ihn ausgefallen war, ihn aber hinderte, an
seinen Widersachern Rache zu nehmen, war darum Hermanns nächstes Ziel.
Wie die Uorgänge im einzelnen sich abgespielt haben, und welcher Nittel
sich der Landgraf bediente, läßt sich bei der Lückenhaftigkeit des überkommenen
Materials nicht mit Bestimmtheit sagen und nur allenfalls nach Analogie der
gegen die Stadt Gschwege in Anwendung gebrachten Maßregeln auch für Cassel
mutmaßen. Wenn es ihm dort nicht gelang, den Widerstand zu brechen, so
war es, weil ihm eine Zwingburg fehlte, mit deren Bau er umging, und vor
der die Eschweger sehr in Sorge waren. Jn unserer Stadt wird er von der
neugefestigten Burg aus 1) der Bürgerschaft seinen Willen diktiert haben; läßt
1) Knetsch, Karl: Zur Baugeschichte des alten Casseier Candgrafenschlosses
(Z. H. 6., Bd. 40, S. 311). — Friedensburg: S. 122.