Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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Richtiger ist wohl, daß das, was die Städte meist zum festhalten veranlagte: 
die drohende Auflösung des Staatswesens, ihren Interessen förderlich erschien. 
Daher wohl auch Landgraf Hermanns Mißtrauen gegen den einheimischen 
Adel, das ihm dieser später zum Vorwurf machte, und sein Zurückdrängen 
desselben aus den Hofämtern. 
Herzog Otto, der in den Sternern feine natürlichen Verbündeten gegen 
Hessen erkannte, hatte sich bereits im Jahre 1371 den Ziegenhainer Grafen 
genähert; er vermählte dem jungen Gottfried feine Schwester Agnes, und 
beide waren ihrer Sache so gewiß, daß Otto seinem Schwager den Braut 
schaß von 1000 Mark Silbers auf seinen Anteil an dem ihm in Hessen dem 
nächst zufallenden großväterlichen Erbe glaubte anweisen zu dürfen (den 
3. August 1371)?) 
Wir können die Phasen des verwüstenden Krieges, der im Monat Mai 
1372 in der üblichen form der Verheerungen der beteiligten Lande begann, 2 ) 
im einzelnen hier nicht verfolgen. Der junge Landgraf, der Tlachgiebigkeit 
seines alten Oheims, welcher den Enkel durch Gebietsabtretungen zufrieden 
zu stellen gedachte, standhaltend, zeigte sich der kritischen sage durchaus ge 
wachsen. Er fand auch seinerseits mächtige Bundesgenossen, darunter beson 
ders die Markgrafen friedrich, Balthasar und Wilhelm von Meißen. 3 ) Jns- 
besondere standen die Städte des fürstentums in diesem Kampfe treu auf 
Seiten der sandesherren. Gleichwohl hätte es seltsam zugehen müssen, wenn 
nicht auch Otto von Braunschweig, außer bei dem Adel, auch unter der Bürger 
schaft der Hauptstadt Hessens feine Partei gehabt hätte. Anders wenigstens 
ist eine Urkunde hiesiger Stadt vom 4. Mai 1373 nicht zu deuten, in der 
Bürgermeister, Schöffen, Bürger und die Stadt insgesamt den beiden sand 
grafen geloben, Ordnung zu halten und Störungen zu unterdrücken. 4 ) Also 
müssen solche stattgefunden haben! War doch Hermann erst kurz zuvor nach 
Marburg, der Hauptstadt des Oberfürstentums, geeilt in der Befürchtung, 
daß die Stadt auch abgefallen sei, und hatte hier durch eine öffentliche An- 
sprache die Bürger für sich gewonnen. 5 ) Dann fand eine Versammlung der 
niederhessischen Städte in Cassel statt, wo ihm gleichfalls Hilfe zugesagt 
wurde. Aber unter seinen (des sandgrafen) eigenen Hofleuten zählte der 
1) Schulz, P.: Hessisch-Braunschw.-Mainz. Politik, S. 29. 
2) ebenda S. 35. — Küch a. a. 0., S. 420. 
3) Schulz, S. 34 f. — Friedensburg: L. Hermann d. Gelehrte., S. 9. 
4) Die Chronik 7ohs. Riedesels in Kuchenbeckers Anal. helf. Coli. III, S. 28 ff. 
Uergl. Rommel, Bd. 2, S. 183. 
5) Kuchenbeckers Anal. hass. Coli. III, S. 27.
	        
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