Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

nicht zu vergessen. Wenn — wie Piderit richtig bemerkt hat —, der wein fehlt, 
der in ähnlichen Tarifen sonst an erster Stelle genannt wird, so kann dies sei 
nen Grund darin haben, daß man fürchten muhte, ihn auf eine andere Straße 
zu verweisen, was bei der Wichtigkeit dieses Getränkes im Nittelalter ver 
mieden werden sollte. Von den Narktbefuchern werden Krämer, Hutmacher, 
sederhändler und Nesserschmiede, auch Viehhändler genannt. Die Beträge, 
die zur Erhebung kommen, sind außerordentlich hoch: ein vierspänniges 
Puder mit Getreide zahlt z. B. 8 Pfennige, was heute fast dem Betrage von 
ebensoviel Nark entsprechen würde, Vom bloßen wagen wird die Hälfte als 
Brückengeld erhoben; nur die waren unterliegen dem landgräflichen Zoll, 
und dieser fließt im alten Betrage, ohne den Aufschlag, nach wie vor in die 
herrschaftliche Kasse. 
Sich neue Einnahmequellen in den gewerb- und handeltreibenden 
Städten zu schaffen und nicht ausschließlich von der Tlaturalwirtschaft des 
platten Tandes abhängig zu fein, war ja der Hauptbeweggrund, der die Terri 
torialherren zu immer neuen Städtegründungen veranlaßte, wir sehen daher 
auch die Bürger der Freiheit bald für Heinrich zahlen und Bürgschaft leisten. 
Kosteten doch die ewigen Fehden und Burganlagen und die Beteiligung an der 
Reichspolitik viel Geld. Jn der Geschichte des Hessenlandes find es vornehm 
lich die Fehden mit dem Erzstift Nainz, welche deren Blätter füllen. Sie 
haben, abgesehen von Streitigkeiten über Eingriffe in den gegenseitigen Be 
sitz und dergl., ihren letzten Grund in dem Anspruch des Erzbischofs und seines 
Kapitels, daß die Nainzer sehen durch die Vorgänge im hessischen Fürstenhaus 
heimgefallen feien, und in der Weigerung, die sandgrafen in diesem Besitz zu 
bestätigen. So überkam Heinrich den Streit von seinem Vater Otto; die Ener 
gie, mit der er ihn ausfocht, hat ihm wohl den Beinamen des Eisernen erworben. 
lim sich des Beistandes des apostolischen Stuhles zu versichern, erhielt 
der Hofmeister des jungen Grafen von Ziegenhain, Johannes Riedesel, der 
älteste der hessischen shronisten, der mit feinem Zögling 1338 nach Rom reiste, 
vom sandgrafen geheime Aufträge. 1 ) Nit leeren Händen durfte ein solcher 
Bote nicht kommen. Die Politik Heinrichs hatte gut gerechnet. Der damalige 
Erzbischof, Heinrich, ein geborener Graf von Virneburg, war bei dem heiligen 
Stuhl in Ungnaden wegen feiner Parteinahme für den König sudwig den 
Bayer, Er wurde nach Rom vorgeladen, wegen Ungehorsams mit dem Banne 
bedroht und endlich (1346) abgesetzt. Daß Heinrich II. auf der Gegenseite 
stand und zu dem suxemburger Hause hielt, lag in der Tlatur der Dinge. Bei 
1) Rommel: Geschichte von Hessen, Bd. 2, 137. 
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