Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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darauf, daß der kurhessische Staat, auch im Falle wenn Österreich siege, seine 
Selbständigkeit schon um seiner sage willen behaupten werde, während es 
anderenfalls mit Sicherheit die Annexion durch Preußen zu gewärtigen habe. 
Auch der Kriegsminister uon Meyerfeld sagte nach Darstellung der militärischen 
sage mit größter Bestimmtheit den Sieg der preußischen Waffen voraus. 
Auf den Kurfürsten, der fortwährend in großer Erregung im Zimmer auf und 
abgegangen war, machten die Gründe sichtlich Eindruck. Da verließ er plötzlich 
das Zimmer und kehrte nach kurzer Zeit mit den Worten: „Flein, es geht nicht! 
Jch kann es nicht!" wieder zurück. Er war in den Gemächern seiner Gemahlin 
gewesen, wo der österreichische und der bayrische Gesandte, Graf Paar und 
Freiherr von Thüngen, seiner Entschließungen harrten, was hier verhandelt 
worden, hat man nicht erfahren, wahrscheinlich haben die beiden Herren 
die Hoffnung der Fürstin von Hanau, daß im Falle des österreichischen Sieges 
ihre Kinder sukzessionsberechtigt werden würden, unterstützt, und das Wohl 
des Bandes mußte hinter dem Familieninteresse zurückstehen. Die Sommation 
wurde abgelehnt, und der preußische Gesandte gab daraufhin noch in selbiger 
Flacht bei Minister Abee die Kriegserklärung ab. An dem lauen Sommer 
abend, wo diese verhängnisvolle Entscheidung fiel, harrten Tausende von 
Menschen schweigend und in banger Erwartung auf dem Friedrichsplatz und 
in der Königsstraße des Ergebnisses der Ministerberatung. Gegen 9 Uhr 
wurde, obgleich niemand an öffentliche Kundgebungen dachte, das Palais 
durch das Beibregiment abgesperrt, um 11 Uhr fuhr der Kurfürst nach Wil 
helmshöhe zurück. Ein jeder fragte, wie er sich entschieden habe. Und als die 
Antwort lautete, daß er nicht nachgegeben habe, ging die Menge schweigend 
auseinander. Man fühlte, daß eine folgenschwere Entscheidung getroffen sei. 
Bei dem hessischen Truppenkorps war von Kriegsvorbereitung keine 
Kede. Jn größter Eile wurde am folgenden Tage, einem Sonnabend, alles 
für den Abmarsch gerüstet. Don mittags 12 Dhr ab fetzte sich das Militär nach 
dem Bahnhöfe in Bewegung. Das Husarenregiment von Hofgeismar pas 
sierte nachmittags unsere Stadt; um 5 Dhr fuhr das Beibregiment ab, dann 
die Artillerie. Flachts 1 Dhr folgte die Garde. Die Abfahrt über Fulda ging in 
kopfloser Unordnung vor sich, abwechselnd gedeckt durch das Schützen- und 
das Jägerbataillon, die am Tannenwäldchen Schützengräben aufgeworfen 
hatten und den Beschluß bildeten. Man nahm an, die Truppen würden schon 
bei Hersfeld auf die Preußen stoßen und nicht weiter kommen. Aber dies war 
nicht der Fall; sie erreichten die Provinz Hanau und wurden dann, um ihre 
Mobilmachung ausführen zu können, in die Bundesfestung Mainz verlegt, 
ohne nennenswerte Gelegenheit zu erhalten, sich mit dem Feinde zu messen. 
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