Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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seih- und Kommerzbank eine erhebliche Erschütterung des öffentlichen 
Kredits, doch ohne nachhaltige Folgen. Die Feier des 50. Jahrestages der 
Schlacht bei seipzig am 18. Oktober desselben Jahres mit dem großen Fest 
zug, in welchem noch die alten Zünfte mit ihren Emblemen und Jnsignien 
einherzogen, war eine würdige und erhebende Veranstaltung zum Gedächtnis 
der Befreiung des großen deutschen Vaterlandes. Das bis dahin geflissentlich 
unterdrückte Turnwesen schöpfte aus der patriotischen Feier neues sehen, 
und der Gedanke der nationalen Einigung Deutschlands wurde in Turn-, 
Gesang- und Schüßenuereinen eifrig gepflegt, wenn man auch fürs erste eine 
Möglichkeit seiner Verwirklichung nicht sah. 
Da trübte sich seit und mit der gemeinschaftlichen Eroberung der Elb 
herzogtümer durch Frentzen und Österreich im Jahre 1864 der politische Hori 
zont; Bismarcks weitblickende und rücksichtslose Staatskunst machte dem 
Dualismus im Deutschen Reich ein Ende, und Kurhessen bützte in diesem 
Kampfe seine Selbständigkeit ein. Die Schuld an dieser Katastrophe mutz 
man der kurzsichtigen und eigensinnigen Politik des Kurfürsten zur fast 
legen, der sich weniger durch doktrinäres Festhalten am bestehenden Bundes 
recht und durch Rücksichten auf seine Familie, insbesondere durch die Wünsche 
seiner Gemahlin, als durch die Schätzung realer Machtuerhältnisse und durch 
die sage seines sandes, das völlig innerhalb der preussischen Machtsphäre 
lag, hätte leiten und bestimmen lassen sollen. Die Haltung, welche der 
Kurfürst in dem Streit der beiden deutschen Großmächte einnehmen werde, 
konnte man voraussehen, als auf höheren Befehl am 13. und 14. Juni die 
aus Holstein zurückkehrenden österreichischen Regimenter, Brigade Kalik, auf 
dem hiesigen Bahnhöfe vom hessischen Offizierkorps mit Militärmusik und 
allen Ehren empfangen wurden, während die vorausgehenden Durchzüge 
preußischer Truppen vom westfälischen Armeekorps (in der Zeit vom 27. Mai 
bis 5. Juni) fang- und klanglos durchpassiert waren. Am 15. Juni übergab der 
preußische Gesandte am Casseler Hof, General von Röder, die preußische 
Sommation, daß Kurhessen seine Truppen auf den Friedensfuß setzen bezw. 
den Bundesbeschluß der Mobilisierung unausgeführt lassen und einer Bundes 
reform unter Ausschluß Österreichs, sowie der Berufung eines deutschen Parla 
mentes zustimmen solle, in welchem Falle dem Kurfürsten Schutz seines sandes 
zugesichert wurde. Andernfalls wurde Kriegserklärung in Aussicht gestellt. 
Daraufhin fand am Abend im Palais am Friedrichsplatz ein Ministerrat statt, 
in welchem sämtliche Minister, vornehmlich Abee, der Minister des Auswärtigen, 
dem Kurfürsten rieten, sich dem Deutschen Bund gegenüber für vergewaltigt 
zu erklären und den preußischen Forderungen nachzugeben unter Hinweis
	        
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