399
und herwogte, verbreitete sich das Gerücht, daß der Kurfürst die Depu
tationen von Marburg und Hanau in der Audienz hart angelassen habe, und
das; wenig Aussicht auf Genehmigung der Forderungen vorhanden sei. Darauf
ward alsbald eine Volksversammlung in den Holländischen Hof einberufen,
in der Obergerichtsanwalt Henkel eine Petition vorlegte, welche von der
wohl 2000 Köpfe zählenden Versammlung einstimmig angenommen wurde.
Diese im echten Volkston gehaltene Petition sagte ungeschminkt die Wahrheit
und übte in unverblümter Sprache eine einschneidende Kritik an der bis
herigen Kegierungsweise. Nachdem der Landesherr aufgefordert worden, die
falschen Katgeber zu entfernen, welche der Verfassung und dem Fortschritt
feindlich gesinnt seien, und sich mit Männern zu umgeben, die das Verlangen
des Volks, das; die Verfassung endlich zur Wahrheit werde, erfüllen würden,
klang sie in die Forderungen aus: Freiheit des Wortes, Freiheit der Religions
übung, Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, Schwurgerichte;
Ginschränkung der Polizeigewalt. Ferner um das Vertrauen zur Recht
sprechung wieder herzustellen, Mitwirkung der Stände bei der Besetzung des
Oberappellationsgerichts und Enthaltung von aller Wahlbeeinflussung bei
den Wahlen zur Volksvertretung, „wir sind überzeugt,“ heisst es am Schluß,
„es find dies die besten Mittel, die Eintracht zwischen Fürst und Volk herzu
stellen und zu befestigen, allen Stürmen der Zeit aber, sie kommen von innen
oder von außen, einen unerschütterlichen Damm entgegenzusetzen, weit
entfernt, Ihren Thron dadurch zu gefährden, werden Sie solchen vielmehr
dadurch auf einen unerschütterlichen Felsen, auf die Liebe Ihres Volkes,
bauen. Geben Allerhöchftdieselben uns eine entsprechende Zusicherung,
so werden Sie sehen, welcher Jubel Jhnen aus dem ganzen fände entgegen
schallen wird!
In dieser Zuversicht unterzeichnen sich
Cassel, den 5. März 1848
Ew. Königlichen Hoheit alleruntertänigste usw.“
Das Schriftstück war bald mit zahlreichen Unterschriften bedeckt, und
außer dem Verfasser wurden der Kommandeur der Bürgergarde, Maurer
meister Seidler, und der Küfermeister Herbold gewählt, dasselbe am folgenden
Tage dem Kurfürsten zu überreichen. Da Herbold aus persönlichen Gründen
ablehnte, wurden Henkel und Seidler allein bestimmt, festerer als Oberst
der Bürgergarde faßte alsdann in lebhafter Rede die Möglichkeit eines Zu
sammenstoßes mit der bewaffneten Macht ins Auge; er sei mit vielen anderen
überzeugt, sagte er, daß ein großer Teil der Offiziere über die Reaktion genau