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jedoch unrecht, hierin Absicht erkennen zu wollen; denn tatsächlich war keine
Hofhaltung zu der Zeit vorhanden. Erst bei einem zweiten öffentlichen
Gottesdienst, welchen die Bürgergarde am 15. September zur Erinnerung an
die uorm Jahre erteilte Zusage der Verfassung wiederum auf dem Friedrichs-
platze abhielt, konnte derselbe Geistliche den bevorstehenden Einzug des
Kurprinzen und Mitregenten mit folgenden Worten verkündigen: „Freude
hat uns Gott gegeben; denn mit einer frohen Botschaft, die gestern noch zu
uns gelangte, hat der Herr die Trauer (um das Schicksal des Polenvolkes)
gemildert. Was schwer und betrübend lag auf den Herzen derer, die an dem
Gedeihen des neuen bürgerlichen Bebens ihre Freude fanden, die Trennung
unseres Fürsten von dem Sitze Seiner Väter, sie ist nun gehoben, und bald,
recht bald begrüben wir in unsren Flauern den erhabenen Fürstensohn, in
welchem das Volk der Hessen seinen künftigen Regenten verehren und, Gott
gebe es, auch lieben lernen wird!“
Kurprinz Friedrich Wilhelm hielt erst am 7. Oktober seinen Einzug
in feine Residenz, in üblicher Weife begrüßt und die üblichen Zusagen ertei
lend. Tloch war er ein unbeschriebenes Blatt, wenn man sich auch von ge
wissen Jntrigen erzählte, die er zur Hinderung des Verfassungswerkes am
Bundestage anzuspinnen versucht hätte. Bald aber erregte sein Verhalten
gegen seine Mutter, die allgeliebte Kurfürstin, das Misstrauen der Bürger
schaft. Der Kurprinz hatte sich, wie genugsam bekannt, in Bonn morga
natisch mit der geschiedenen Ehefrau eines preußischen Vlanenoffiziers £eh-
mann, Gertrude geb. Falckenstein, der Tochter eines Weinhändlers daselbst, ver
heiratet, sehr gegen den Willen seiner Mutter, die sich auch standhaft weigerte,
die Schwiegertochter zu empfangen, die der Gatte zur Gräfin von Schaum
burg, später zur Fürstin von Hanau erhob. Diese Heirat, im Grunde ver
anlaßt durch Kurfürst Wilhelms II. Verhältnis zur Reichenbach, das den
Kurprinzen zwang, der Heimat den Rücken zu wenden, hat — wie sie später
das ganze Verhalten Friedrich Wilhelms ungünstig beeinflußte — gleich im
Beginn seiner Regierung einen bösen Schatten zwischen ihn und die haupt
städtische Bevölkerung geworfen. Da die Kurfürstin-Mutter nicht mehr wie
sonst im Theater erschien, so brachte man dieses Fernbleiben mit ihrer Ab
neigung gegen die Heirat ihres Sohnes in Verbindung, und man erzählte, daß
sie wegen des gespannten Verhältnisses beabsichtige, wiederum Cassel zu ver
lassen. 1 ) Daraufhin erkundigte sich der Bürgermeister Schomburg persönlich bei
der hohen Frau, ob das Gerücht begründet fei, und gab der Trauer der Bürger-
1) S. Fr. Hüller a. a. 0., S. 264ff.