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wie Münden, Eisenach und Kreuzburg, auf eine Stufe gestellt. Die llm-
mauerung des Dorfes und die Begabung mit Stadtrecht wird also wohl dem
Grafen Heinrich Kaspe III., dem jüngeren Bruder Eudwigs, der nach Heinrich
Raspes II. Tode Hessen verwaltete und 1180 starb, zu danken sein, dem
selben, der auch am Buße des Gudensberges eine Stadt anlegte.
Das Vorhandensein uon Märkten ist demnach wohl die Voraussetzung, nicht
aber das ausschlaggebende Moment für den Wandel uon der Dorf- zur Stadt-
uerfafsung; finden wir doch gar manche Dörfer mit Märkten begabt, die wie
das nahe benachbarte IDolfsanger z. B. und auch Kaufungen, ersteres wohl aus
Mangel einer Heerstraße, letzteres trotzdem, doch immer Dörfer geblieben find.
Die Kirche des heiligen Cyriakus, die ohne Zweifel uon den Grafen des
Hessengaus erbaut wurde, denen sie daher auch eigentümlich zustand, wird
später auch die Marktkirche genannt. Der Blatz, auf dem sie stand, der heute
sogenannte Marställerplatz — er hieß ehedem gemeiniglich nur der Blatz —
war also der älteste Markt, wo in unmittelbarer Blähe der schützenden Burg
die wandernden Händler ihre waren feilboten. Die Jahrmärkte auf Jakobi,
Michaelis und Martini dürften, da ihr Ursprung unbekannt ist, die ältesten sein.
Die Stadt hat nun ihren eigenen Schultheiß, den Villicus oder Scutt-
hetus, und ein Schöffenkolleg, in welchem jener den Vorsitz führt; er hegt das
Gericht und verkündet das Urteil, das uon den Schöffen gefunden wird. Die
erste Urkunde, die uns den Villicus an der Spitze seines Richterkollegiums be
legt, ist aus dem Jahre 1225?) Er heißt Udelrich, und die Schöffen sind Kun-
rad Muka, Sigebodo, Arnold uon Donin, Hartung Berwigs Sohn, Tragebodo,
Dietrich. Es sind ihrer sechs, die gewöhnliche Zahl der kleinen Städte und der
Untergerichte, die sich noch nicht im Besitze der hohen Gerichtsbarkeit oder
des Blutbannes befinden. Sie heißen damals schon Konsuln, ein andermal
(1239) Consules et Scabini, woraus ersichtlich, daß das Schöffenkolleg sich
zum Stadtrat entwickelt, bezw. dessen Funktionen mit übernommen hatte.
Denn wenn wir wenige Jahre nachher den Rat auf die doppelte Anzahl ge
bracht sehen, in späteren Zeiten aber die Hälfte der Ratsglieder aus gelehrten
Schöffen besteht, 2 ) so liegt der Schluß nahe, in welcher Richtung sich die Er
gänzung vollzogen hatte. Dieselbe Urkunde uon 1225 nennt uns noch einen
Gunzelin als „socius scolarium“ dahier, d. h. als „Gesellen der Schüler", und
uon letzteren selbst noch vier als Zeugen in einer Gerichtsverhandlung. Der
Geselle — socius kann (nach Ducange) auch soviel heißen als Kapellan — ist
1) Urk. des Klosters Weißenstein im Staatsarchiv Marburg.
2) Siehe Stölzel: Entwickelung des gelehrten Richtertums in deutschen Terri
torien, Bd. 1, S. 493.