11
gesetzten Ende der Villa gelegen war. Aus späteren Verhältnissen ergibt sich,
daß das dazwischen liegende Gelände größtenteils nicht Klostergut war.
Wenn nun Graf Heinrich Raspe zur Übergabe der hiesigen Kirche an
das Kloster Ahnaberg die Genehmigung König Konrads und zur Ausstattung
desselben mit sonstigem Lefitz diejenige König Friedrichs einzuholen für nötig
fand, so liegt wohl klar auf der Hand, daß der deutsche König am hiesigen
Ort noch Hoheitsrechte befaß, die aus der Zeit des Königshofes herrühren
mußten, daß insbesondere die Kirche ein Zubehör dieses Hofes gewesen ist.
Denn hätte es sich lediglich um die Vergabung von Eigengut gehandelt, so
hätte der Graf keiner weltlichen Genehmigung zu seiner Stiftung bedurft,
ünd auch der Umstand, daß dem jungen Konvent nur ein Reicksvogt bestellt
werden soll, dürfte darauf zurückgehen, daß Ahnaberg auf altem Reichsgute
erbaut war, und daß der deutsche König noch in seiner Gigenschaft als
oberster Vogt und Schirmherr von Kaufungen handelte. Denn obzwar diesem
Kloster nach dem Privileg Kaiser Heinrichs II. vom 22. April 1019 (ü. B.
Bd. 1, Tlr. 8) kein zweiter Vogt bestellt werden sollte, finden wir doch 1102
den Grafen Werner von Hessen in dieser Gigenschaft vor (ebenda Tlr. 20).
Die gewaltsame Vergabung Kaufungens durch Kaiser Heinrich IV., den
Freund von Werners gleichnamigem Vater, an das entfernte Bistum Speyer
(ebenda Tlr. 19) mochte die Grwerbung der üntervogtei durch dieses Grafen
haus, das sich u. a. auch gegen Hersfeld Übergriffe erlaubte, begünstigt
haben. Da nun Cassel mit seinem Bezirk niemals Gegenstand einer Be
lehnung gewesen ist, weder von Reichswegen noch sonstwie; und da die Über
weisung Kaiser Heinrichs II. an Kaufungen doch auch zu Recht bestanden
hat, so läßt sich — dies alles mit dem eben Dargelegten zusammengehalten —
das Verfügungsrecht der hessischen und ihrer Grben, der thüringischen Grafen,
über den Casseler Bezirk nur aus ihrer Kaufunger Vogteigewalt erklären,
die es ihnen ermöglicht hatte, dem Kloster den Besitz zu entfremden.
Mit diesen Feststellungen eröffnet sich uns ein weiterer Blick in die Ge-
staltung und Entwickelung der hiesigen kirchlichen und politischen Verhält-
nisse. Haben wir die Zugehörigkeit Cassels zum Parochialverband von Diet-
melle abgewiesen, so wäre die andere Frage zu erörtern, ob nicht der hiesige
Geistliche dem dortigen Erzpriester unterstellt war. Die oben angeführte Ur
kunde des Mainzer Oberhirten weiß jedoch davon nichts. Sie sichert nur dem
Archidiakon zu Fritzlar sein Aufsichtsrecht, das vornehmlich in der bei ihm
einzuholenden Genehmigung bei Besetzung der Pfarreien und den davon
fallenden Sporteln bestand. In der Folge, seitdem Ahnaberg als Augustiner-
Nonnenkloster der Geltung eines Propstes untersteht, ist dieser kraft des Pa-