Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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Reiche der Toten“. Seine Selbstbiographie in Strieders hessischer Gelehrten 
geschichte charakterisiert den wenig tiefgründigen, aber in seiner vielseitigen 
Wissenschaftlichkeit sehr zufriedenen Herrn, der seines liiertes sich bewußt, 
alles Tob ebenso bescheiden hinnehmen wie ablehnen möchte. 
Der Geist echter Gelehrsamkeit hätte das Carolinum umwehen können, 
wäre diesen Männern ein längeres Zusammenwirken beschieden gewesen, 
während ihrer mehr oder weniger kurzen Anwesenheit aber verloren sich die 
bedeutendsten Köpfe in jene träumerischen Spekulationen, die damals die 
Gesellschaft beherrschten und in den sogen der Freimaurer und Rosenkreuzer 
eine Heimstätte hatten. Der sandgraf selbst, obzwar Katholik, war Meister 
der söge „Friedrich zur Freundschaft“, Mauvillon ein sehr eifriger Maurer, 
indes der junge Förster in den genannten Geheimbünden den Stein der weisen 
und das sebenselixier suchte, — Versuche, denen auch der sandgraf und sein 
Minister Fleckenbühl nicht ferneftanden. Das war die Kehrseite des Skepti 
zismus, der damals von den französischen Enzyklopädisten ausgehend die 
Gemüter beherrschte. Selbst Casparfon wurde als Sozinianer denunziert. 
Jn den Hofkreisen trieb man eifrig Geifterseherei; und eine Mme. de la Croix, 
eine Französin, sonst eine sehr liebenswürdige Frau, wähnte sich bei ihrem 
Aufenthalt dahier überall von bösen Geistern umgeben, während der Mensch 
zu den guten keine Beziehung gewinnen könne, solange sein eigener Geist 
noch in der Materie stecke. Man lehrte den sandgrafen sogar, daß die Kunst, 
unedle Metalle in edle zu verwandeln, den Menschen befähige, mit der Geister 
welt in Beziehungen zu treten. Allein er lehnte solche Gaukeleien doch ab, 
und es gereicht seinem Verstand zur Ehre, daß er (1782) schreibt: „Jch besitze 
alle Werke Swedenborgs, ich habe viele derselben gelesen, allein größtenteils 
find es Hirngespinste, besonders wenn er sich in den Planeten bewegt.“ Ob 
wir als Gegensatz zu solchen tiefsinnigen Mystikern den Freiherrn von Knigge 
hinstellen dürfen, der feit 1771 als Hofjunker und Assessor bei der Kriegs 
und Domänenkammer in hessischen Diensten stand, ist um deswillen fraglich, 
weil er später selbst ein eifriges Mitglied des Jlluminaten-Ordens wurde, wenn 
er auch die Casseler Hofgesellschaft durch seine mutwilligen Streiche und Witze 
nicht selten in Verlegenheit setzte, so daß er nach mehreren Jahren, als er die 
Sache allzu weit getrieben und durch ein im Hamen des sandgrafen für den 
Hofschornsteinfeger ausgestelltes, allzu witziges und übermütiges Diplom 
sich die Gunst des sonst so gutmütigen Fürsten verscherzte. 
Jn das 18. Jahrhundert fallen auch die Anfänge der hessischen Geschichts 
schreibung nach wissenschaftlicher Methode; sie stehen im engsten Zusammenhang 
mit den wissenschaftlichen Jnstituten hiesiger Stadt: der Bibliothek, der Kunft- 
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