getreten. Das einzige Tor, welches nach dem 24. Juni noch dem Verkehr
offen stand, war das Leipziger; von anderer Seite waren Lebensrnittel über
haupt nicht, uon dieser nur sehr spärlich zu bekommen. Mit der Blockade
hörte alles auf.
Die Bürgerschaft, damals noch vorzugsweise ackerbautreibend, hatte ihr
Vieh verloren, Gärten und Felder waren verwüstet. Was die Belagerung des
Vorjahres etwa noch übrig gelassen, war nun auch dahin. Vieles, aber lange
nicht alles, wurde später aus den englischen Subsidien erseht, wie denn der
Landgraf z. B. das in Trümmer geschossene Haus Pferdemarkt Tlr. 7, 6cke
der Schäfergasse, ganz neu aufbauen, andere außen und innen herrichten
ließ. Der Siechenhof, die Kapelle ausgenommen, wurde mit englischem Gelde
neu erbaut. Handel und Gewerbe lagen darnieder. Die Landresche Fabrik,
die vor dem Kriege 640 Arbeiter beschäftigte, war auf 180 zurückgegangen.
Die Gildemeister der Schuster und Löwer, die in 1761 an Schaugeld noch 18
Tlr. einnahmen, verzeichneten im nächsten Jahr nur 6, dagegen 1766 wieder
32 Taler. Hier aufzuhelfen, war deshalb die erste Sorge Landgraf Friedrichs;
Flieht nur daß er, ehe das Jahr zu Ende ging, von Braunschweig aus die
Wiederherstellung des von Landgraf Karl errichteten Kommerzienkollegiums
mit dem Staatsminister von Waitz als Vorsitzenden, einigen Räten, dem Bürger
meister und zwei Kaufleuten anordnete, er verwandelte auch durch Dekret
vom 6. Dezember 1762 die beiden Oberneustädter Jahrmärkte in Hessen von
14tägiger Dauer, die jedesmal den großen Frankfurter Hessen vorausgingen.
Am 2. Januar des neuen Jahres kehrte der damals 42 jährige Fürst
in seine Residenz zurück. Leichtlebig und gutmütig, den Freuden der Tafel
nicht minder wie denen der Liebe hold, glanz- und prachtliebend und aus
dieser Tleigung heraus ein Gönner der Wissenschaften und Künste, war er
willens und eifrig bestrebt, die Hauptstadt seines Landes zu einem anziehen
den Hittelpunkt zu machen, wie sie es unter Landgraf Karl gewesen. Hierfür
hat er keine Kosten gescheut, und Cassel hat unter seiner Regierung eine dritte
Blüteperiode erlebt, welche bald die Erinnerung des langen Krieges in den
Hintergrund drängte. Friedrichs erster Baumeister und Berater bei den Ver
schönerungsbauten, mit welchen er fein Cassel zu schmücken gedachte, war Simon
Louis du Ry, der letzte aus der berühmten Architektenfamilie und der genialste.
Alsbald nach dem Frieden begann er im Aufträge des Landgrafen den Bau der
Kolonnaden dem Schlosse gegenüber, an der Stelle der von Landgraf Horitz
angelegten Rennbahn. Der speziell für die Wachtparade bestimmte Platz
war einem antiken Zirkus nachgebildet und mit Säulen und Obelisken be
stellt; an der Seite nach dem Schlosse zu standen die beiden Rossebändiger,