Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel


des Jahres 1015. Jndem der Chronist Thietmar von Merseburg uns dies er 
zählt, fügt er hinzu, daß der Kaiser damals „seinen Herrenhof aus der 
ciuitas Cassalun heraus dem neuen Kloster übereignet habe". Der Mönch, 
der eben noch den Kaiser in Merseburg gesehen hatte, ist gut unterrichtet, 
und seine Ausdrucksweise ist insofern von Wichtigkeit, als sie erweist, daß 
es sich bei der Schenkung nur um den Hof Cassalun handelte, während 
Heinrich die übrige ciuitas, darunter natürlich noch keine Stadt im späteren 
Sinne zu verstehen ist, für sich behielt. Sind aber Thietmars Worte mit Ab 
sicht gewählt, so gestatten sie den weiteren Schluß, daß sich neben der hof 
hörigen auch eine freie Einwohnerschaft in Cassel befand. Als Zubehörungen 
des Hofes dürfen wir die Dörfer Zwehren, über dessen Kirche Kaufungen 
das Patronat später hatte, Mühlhausen, einen ausgegangenen Ort vor dem 
Holländischen Tore, und Rothenditmold in Anspruch nehmen, aus deren Ge 
markungen Kaufungen alle Zeit den Zehnten bezog. Geschlossenen Landbesitz 
bei Herrenhöfen gab es nicht; er war in Streulage verteilt. In Cassel selbst 
besitzt das Kloster später nur ein Haus am Markt, zwischen der Straße nach 
der Schlagd und der unteren Fuldagasse bezw. der neuen Fuldabrücke ge 
legen, das wir um so mehr als den letzten Rest des alten Herrenhofes ansehen 
müssen, 1 ) als die von den Klöstern in der Regel sonst aufs gewissenhafteste 
aufbewahrten urkundlichen Belege bezügl. des Erwerbes dieses Hauses fehlen. 
Das übrige Herrengut ist teilweise schon bald nach Kunigundens Tod ihrer 
Stifung wieder abhanden gekommen, wahrscheinlich, indem es an ihre un 
mittelbaren Erben fiel; teilweise ist es später eine Beute der Vögte ge 
worden. wenigstens hat die Abtissin von Kaufungen in der Folgezeit weder 
in kirchlicher noch privatrechtlicher Hinsicht in Cassel etwas zu sagen, und 
als 1229 Papst Gregor IX. die Besitzungen besagten Klosters auszählt und 
bestätigt, wozu das Verzeichnis natürlich durch einen Vertreter desselben vor 
gelegt war, geschieht unseres Ortes keinerlei Erwähnung. 
Ist nun das Kaufunger Haus am Altmarkt der letzte Rest des Cafseler 
Fronhofes, so wird dieser den Bezirk von da abwärts zur Fulda nach dem 
jetzigen Renthofe hin begriffen haben, den letzteren mit eingeschlossen. Eine 
Ortskirche dürfte zur Zeit der Schenkung noch nicht vorhanden gewesen sein, 
da die Urkunde ihrer sonst Erwähnung getan hätte. 
Einschneidende Veränderungen im Besitzstand hiesiger Gegend muß die 
Periode der fränkisch-salischen Könige gebracht haben. Das Wernerische 
Grafengeschlecht, das sich seine nahen Beziehungen zu dem Herrscherhause 
1) An der Stelle uon Altmarkt Br. 2, der jetzigen Post; siehe Anhang 1. 
	        
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