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nahmen zu können. Auch beantragen sie die Abschaffung des herrenlosen
Gesindels, das sich unter allerhand Dorwand in Cassel eingeschlichen habe.
Die Gilden benutzten die Gelegenheit zu allerhand Beschwerden; insbesondere
greifen sie wieder die den französischen Refugies gewährten Freiheiten an,
während die Hansegreben das schon bei Einführung des Ozents geltend
gemachte Bedenken hervorheben, daß durch dessen Höhe der hessische Harkt
beeinträchtigt werde. Jn einer besonderen Eingabe (uom 29. September
1731) an den Prinzen Wilhelm aber wenden sich die Hansegreben aufs schärfste
gegen die seit etlichen und 20 Jahren in der Stadt äußerst zahlreich einge
wanderten Juden, die allen Handel und sogar den Gewandschnitt an sich
gezogen hätten, so daß sie, die Bittsteller, sich am Rande ihres bevorstehenden
Unterganges sähen.
Die Gilden allesamt bitten, daß die Kontribution nicht höher steige
als bis zu dem im Jahre 1673 von den Candständen genehmigten Betrage
von 300000 Gulden.
Den Ozent setzte der König aus eigenem Antrieb alsbald herab und
beschränkte ihn, damit das Geld im Lande bleibe, auf Luxusgegenstände
und sonst entbehrliche ausländische Waren, wie der Abschied des von ihm
auf den 1. Oktober hierher einberufenen Bandtages hervorhebt?) Dem gleichen
Zwecke diente die auf dem nämlichen Bandtage gegebene Anregung, den
Buxus bei Hochzeiten und Festen und den Kleideraufwand zu verbieten,
welcher die Regierung durch eine Kleiderordnung im Jahre 1739 nachkam,
also daß allen nicht zu den Honoratioren gehörigen Untertanen nur inländische
Wollentuche zu tragen erlaubt sein, die Schneider aber, die für solche Beute
ausländisches zu verarbeiten sich herbeiliefen, aus der Zunft ausgestalten
werden sollten. Schwerlich ist diese Derordnung gehandhabt worden, sie zeigt,
wie weit die Staatsvormundschaft, die von der Regierung und den Ständen
gleichermaßen für nötig erachtet wurde, zu gehen wagte. Die Errichtung einer
Polizeikommission für Cassel (1735), die aus dem Gouverneur der Festung,
mehreren Mitgliedern aus den obersten Kollegien, dem Oberschultheifen
und Bürgermeister zusammengesetzt, dreimal wöchentlich auf dem Rathause
Sitzung abhielt, war gewiß auch ein Fortschritt gegen früher. Eine straffe
Handhabung der Polizei aber war, obwohl die Kommission dem Bandes
herrn direkt unterstand, bei dem kollegialen System ausgeschlossen.
Das Erwerbsleben in Cassel hatte, seit mit dem Tode Landgraf Karls
dessen glänzende und kostspielige Hofhaltung aufhörte und die neue Regierung
1) Siehe Hett. Beytr. II, 701.