Allein der gesamte Stadthaushalt, die Kämmereiverwaltung, krankte
daran, daß man sich von den primitiven Einrichtungen einer Zeit, wo noch
einfache Verhältnisse galten, nicht loszusagen vermochte. Die alten Vor
schriften der Kämmereiordnung von 1498, wonach alljährlich zwei Kämmerer
gewählt werden sollten, ließ man, weil es zu schwer hielt, das Amt immer
neu zu besetzen und niemand Luft dazu bezeigte, autzer acht und erwählte von
Jahr zu Jahr nur aus dem Kat einen neuen Kämmerer, der, weil er sein Amt
als Ehrenamt verwaltete, auch den von seinem Vorgänger in den Einnahmen
erzielten Überschuß persönlich übernahm, wie er andererseits, wenn das Vor
jahr mit einem Defizit abgeschlossen hatte, den Kezetz des Amtsvorgängers
von diesem persönlich beizutreiben hatte. So war es, entgegen der Ordnung,
Gebrauch geworden. Ein jeder drückte sich von dem unangenehmen Amt,
soviel er konnte; denn wenn er — was in dem einen Jahre oft unmöglich
war — die rückständigen Geschotzgelder nicht beizutreiben vermochte (weshalb
auch das Geschotz zu den unständigen Einnahmen gerechnet wurde), so hielt
man sich an ihn, und auf diese weise kam es, daß fast immer Neulinge dazu
gewählt wurden, die in dem einen Jahre ihrer Verwaltung sich kaum in die
Geschäfte einzuschätzen vermochten. Den Ubelstand erkannte der Stadtrat
endlich und fatzte im Jahre 1689 einen Beschluß, der wenigstens einen kleinen
Fortschritt bedeutete; er beschloß, zwei ständige Kämmerer zu bestellen,
welche mit Anlehnung an die Kämmereiordnung von 1498 in der weise abzu
wechseln hätten, daß das eine Jahr der Rat einen aus der Gemeinde, das
andere Jahr Gilden, Zünfte und Gemeinde einen Kämmerer aus dem Rat er
wählten. 1 ) So kam es, daß der Erwählte des Rats gewöhnlich einer der Ge
meindebürgermeister war, der steh — da er eine Hantierung trieb — auch
möglichst um das lästige Amt herumdrückte. Drei Jahre, klagt der Kämmerer
aus dem Rat, Joh. Peter Löhteisen, im Jahre 1691, habe er hintereinander
die Kämmerei verwalten müssen; endlich habe sich einer der Gemeinde
bürgermeister herbeigelassen, ihn zu ersetzen. Es war also durchaus zeitgemäß,
daß der Landgraf auch hier eingriff und durch Verfügung vom 16. Februar
1702 den jährlichen Wechsel in der Verwaltung abschaffte. Von nun an wur
den zwei ständige Kämmerer zu dem Amte ernannt, um sich gegenseitig zu
überwachen, der eine aus dem Rat, der andere aus der Gemeinde, bei fester
Besoldung und Kautionsleistung.
Wie einfach immerhin damals noch die Verwaltung war, ergibt z. B.
die Stadtrechnung von 1708, wo einer Einnahme von rund 13000 Gulden
1) Protokollbuch des Rats uon 1631. Stadtarchiv, B. 410, S. 54.
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