226
der grosse “Rasenplatz befindet; das Gewächshaus stand zwischen den beiden
Teichen. Auch die Gärtnerwohnung war vorhanden; und etwas weiter herauf
das Waschhaus, während oberhalb der Drahtbrüche das 5chützenhaus zu sehen
ist, aus welchem die Hofherren herunterwärts eifrig mit der Armbrust nach
der Scheibe schossen.
Hit dem Bau des neuen Schlosses wurde die Meierei vor das Frankfurter
Tor verlegt, bezw. versetzt, denn das alte Haus ist erst vor wenigen Jahren
abgerissen worden. Und nun begann auch die Ausdehnung der Parkanlagen
auf die Südseite der Aue, die erst in so großartigem Naßstabe möglich wurde,
seitdem Karl, durch Vertrag vom 8. Nai 1711, die Lasseier Bürgerschaft durch
Befreiung von der Cinquartierungslast zur Abtretung der Giese und des
Huteftückes an der kleinen Fulda herauf (62 Acker im ganzen) vermocht
hatte. Der Gartenbaumeister, der in Eenötres Sinne die neuen Anlagen
schuf, nannte sich Johann Adam Wunsdorff; er wurde wegen seiner Ver
dienste später zum Generalinspektor der sämtlichen fürstlichen Gärten bestellt.
Jhm sukzedierte sodann Johann Heinrich Bischofs unter Karls Nachfolger als
Hof-, Luft- und Orangengärtner.
Der schönste und eigenartige Reiz der Großen Aue liegt in der Verbin
dung herrlicher Baumvegetation mit weiten Wasserbecken. Die Anlage dieser
letzteren bot naturgemäß größte Schwierigkeiten, auch finanzieller Art, und
gelangte erst zu rascherem Fortschritt, seitdem von 1722 ab statt der bis dahin
verwandten Tagelöhner ganze Regimenter von Soldaten, allmonatlich ab
wechselnd, doch gegen erhöhten Sold, kommandiert wurden, die etwa 6 Jahre
lang drunten in Strohhütten kampierten. Die Gefahr der Verschlemmung
dieser Becken durch die Überflutungen der Fulda gebot im weiteren die Auf
führung des großen Dammes um die Aue, die unter der Leitung des Kammer
rates Waitz und des Baumeisters Charles du Ry vor sich ging, und durch welchen
zwar die kleine Fulda zu fließen aufhörte, dafür aber die Gefahr der Über
schwemmung durch die große zweifellos verwehrt wurde. 1 )
Um das weite Gelände seines neuen Parkes von den Nutzungsrechten der
Casseier Stadtgemeinde frei zu machen, hatte Karl, wie schon gesagt, ihr die
einquartierungslast abgenommen, daraus sich die Notwendigkeit des Baues von
Kasernen ergab, deren erste am Hohentor, der Straße entlang, aufgeführt wurde.
Seitdem hatte—bis vor wenigen Jahren—die hiesige Bürgerschaft nicht nötig,
in Friedenszeiten Soldaten einquartierungsweise in ihre Häuser zu nehmen.
Die private Bautätigkeit der Periode Landgraf Karls knüpft sich an * 11
1) Stamford, Carl von: Wie unsere Aue geworden ist (Zeitfchr. Hessenland, Jahrg.
11, nr. 266 u. ff.)