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lieh hätte dieser Vorfall uor den Oberschultheißen gehöret. Wie konnte doch
Gen. Rabenhaupt hierdurch den Bürgern ihre Freiheit zu durchlöchern trach
ten, denn Bürgermeister und Rath alhier ihre etwan uormals gehabte Juris
diction schon uorlängft durch eigene Versehen uerlohren und noch täglich in
vielen Dingen verkehren." Er mag in diesem Einzelfalle mit seinem Einwand
nicht unrecht haben. Gleichwohl darf es keinem Zweifel unterliegen, daß
Arnolds Worte der Ausdruck der in der hiesigen Bürgerschaft herrschenden
Stimmung sind, als ihr der Begriff der Ratio ftatus, der Staatsraison, wie sie
das absolute Königtum in Frankreich in jener Zeitepoche aus- und die deutsche
Kleinstaaterei nachbildete, mehr und mehr aufging. Und im ganzen und
wesentlichen ist die Auslassung des Abschreibers doch nur eine Bestätigung
der Tatsache, daß die Selbständigkeit der Stadtverwaltung im Schwinden
begriffen war, da der Schwäche auf der einen, Absichtlichkeit und das Be
streben, alles unter den absoluten Willen des Staatsoberhauptes zu beugen,
auf der andern Seite gegenüberstehen mußten. Der Krieg hatte an mili
tärisches Regiment gewöhnt. Man wollte wie bei der Stadt auch anderwärts,
wo Selbständigkeit neben der Staatsgewalt vorhanden, bei den hessischen
Ständen nämlich, diese möglichst beschränken, und unser Chronist weiß dazu
zu berichten, wie am 22. Januar 1650 der Oberuorsteher der ritterschaftlichen
Stifter, Otto von der Nalsburg, in Arrest genommen wurde, weil er besagte
Körperschaft zusammen beschrieben und „sie von ihrer Gerechtigkeit nicht
weichen wollen". — „Jetzo wäre es Zeit gewesen", bemerkt Hans Henrich
Arnold, „daß Ritterschaft und sandstände beieinander gehalten; nachdem
sich aber das Corpus getrennet, seynd wir Sclaven worden und müssen thun,
was man uns heißet." Das schrieb ein Casseler Bürger und beweist mit seinen
Worten eine politische Einsicht und Weite des Blickes, die von da ab immer
seltener wird und endlich ganz im beschränkten Vntertanenuerstand ver
schwindet. 1 )
Denn unverdient war bei unserer Stadtverwaltung die Bevormundung
nicht. Die Väter der Stadt zumal gingen mit deren Vermögen wüst genug um.
Das Schmausen auf Kosten des Stadtärars war ein durch die Jahrhunderte
geheiligter Brauch, und nie spielte sich bei unseren Altvordern das Tagesgeschäft
trocken und rein geschäftsmäßig ab wie heutzutage. Nan wollte auch das
notwendige gesellig und heiter erledigen, und der altgermanische Durst tat
das übrige, Waren doch die Ämter, welche die Herren droben in den Räumen
1) Siehe auch B. tt>. Pfeiffer: Geschichte der landständ. Verfassung in Kurhessen.
Cassel 1834. S. 135 f.