Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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gegen den Bürgermeister an. Gleich am Tage nach der Hochzeit aber (den 
28. Mai) erschien Rabenhaupt — wie zu vermuten, nicht ohne Zutun des 
Tauft — auf dem Rathause, zeigte sich maßlos empört über den Eingriff in 
feine Gerechtsame und drohte dem Bürgermeister, wenn er sich dergleichen 
mehr unterfangen werde, daß er auf ihn passen und ihn totschlagen lassen 
werde, wo er ihn finde. Auch habe er gedroht, er werde ihm einen spitzen 
Degen in den £eib stoßen. 1 ) 
Bei diesen eben geschilderten Vorkommnissen ist eines befremdlich: daß 
das hiesige Rathaus nicht, wie solches anderwärts der Fall, unter dem Schuhe 
eines besonderen Burgfriedens stand. 6s mühte denn fein, daß der Offizier 
von damals sich über alles Gesetz erhaben dünkte. Von jenem Zeitpunkte 
ab wurde den Ratsherren zu Cassel, um sie ähnlichen Vergewaltigungen 
gegenüber nicht schutzlos sein zu lassen, das Recht verliehen, Degen zu tragen, 
— ein Recht, welches sie bis in die 30 er Jahre des vorigen Jahrhunderts, 
nämlich bis zum Erlaß der 1834er Gemeindeordnung, bewahrten. 2 ) 
Daß in dem Vorgehen Rabenhaupts ein planvoller Angriff auf die 
Selbständigkeit des Stadtgerichts gelegen habe, wie Rommel in seiner hes 
sischen Geschichte glaubt, ist kaum anzunehmen. Der General war allem An 
scheine nach ein etwas temperamentvoller, um nicht zu sagen, gewalttätiger 
Herr, und unser Chronist weiß noch einiges Derartige von ihm zu erzählen, 
wie z. B., daß er im nächsten Jahre zweien Ratsverwandten, dem alten Bürger 
meister Andreas und dem Gemeindebürgermeister Ceonhard Spangenberg, 
„aus gewissen Ursachen“, d. h. wohl, weil sie gegen die Kleiderordnung ge 
fehlt, die Kleider am £eibe zerschneiden ließ. „War ein caualierisch Stück“, 
sagt der Chronist, der ferner dazu bemerkt: „Mich aber Hans Henrich Arnold 
will meinem Becker-Verstande nach bedunken, es hätten unter General Raben 
haupts seinem procedere nicht geringe Estatsgeheimnisse und Regeln gestecket, 
und habe er ge suchet, so ihm dieses angangen, in unsere bürgerliche Freiheit 
ein Hoch zu machen und uns unter seinen Daumen zu bringen. Wer mehr 
und politischer nachsinnen kan und wem die Rationes status besser dan mir 
bekant, mag ein mehreres judiciren.“ Der Abschreiber unserer chronikalischen 
Aufzeichnungen glaubt dazu die Randbemerkung machen zu müssen: „TIB. der 
gute Mann hat nach seinen Affecten geredet. Der Bürgermeister Bourdon 
war ein unruhiger, importuner Mann, wolte sich in alle Händel stecken und 
gab ihm zu des General Rabenhaupts procedere größtenteils Ursach. Eigent- 
1) Bericht des Magistrats an die Regierung (Stadtarchiu U). 80); darin ist nur von 
diesem einen Streitfall die Rede. 
2) Siehe Abbildung Tafel 22. 
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