Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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Handwerke galten, in kulturgeschichtlicher Hinsicht von großem Interesse, 
insbesondere weil sie zeigt, bis zu welchem Grade Staat und Geistlichkeit 
eine bis ins einzelne gehende erziehliche Bevormundung bereits in jener Zeit 
eintreten lassen wollen. 1 ) So verfällt der, welcher etwas Bußwürdiges weiß 
und es dem Handwerk verschweigt, in die gleiche Strafe, die der Übeltäter 
verwirkt hätte. Spielen auf der Herberge ist bei Strafe verboten. Wer sich 
in oder außerhalb der Stadt und sonderlich unter der Predigt auf den ge 
meinen (d. h. gewöhnlichen) Spielplätzen oder auch hinter den Zäunen finden 
läßt, verfällt in die Strafe eines Wochenlohns, Fluchen und Schwören, da- 
durch der teure Name Gottes gelästert und mißbraucht wird, ist natürlich 
auch bei Strafe untersagt. Der Vertrag des Gesellen mit dem Meister geht 
stets auf ein halbes Jahr. Während der Zeit darf keiner wider des Meisters 
Willen ohne triftigen Grund, als z. B. bei Kindtaufen oder Hochzeiten, von 
der Werkstatt bleiben, auch nicht nach Ablauf des halben Jahres feiern, ohne 
sich beim Herbergsvater zu neuer Arbeit zu melden. Wird er vor Ablauf 
des Vertrags mit dem Meister uneins, so darf er nicht etwa zum Scheine wan 
dern, um dann bei einem andern Meister einzutreten. Der alte Meister kann 
sonst verlangen, daß er wieder bei ihm einsteht. Inwieweit derartige Be 
stimmungen sich Geltung verschafften, steht dahin. Andere, welche Lebens 
art und gute Sitte anstrebten, mögen wohl mit der Zeit auf fruchtbaren Boden 
gefallen sein, damals war gewiß das Widerspiel von allem die Kegel. Wenn 
die Löwerknechte auf die Herberge zusammengehen, sollen sie ihre Wehr von 
sich legen. Keiner soll den andern Bügen strafen. So die Löwerknechte auf 
der Herberge zechen, sollen sie sich untereinander sein züchtig und ehrbarlich 
halten, keiner den andern mit dem Trünke nötigen, auch keiner sich über 
nehmen, daß er's unzüchtiglich wiedergibt, bei Strafe von 2 Albus. lind sie 
sollen ihre Zeche noch denselben Abend begleichen, und soll ein jeglicher zu 
rechter Zeit heimgehen und keinen andern Knecht auf seines Meisters Bette 
führen, auch keiner eine Nacht außer dem Haufe bleiben, alles bei Strafe 
eines Wochenlohns. Zanken und Mutwilligen sollen die Altknechte nicht 
dulden, und so sich zwene oder mehr auf der Herberge raufen oder schlagen 
ohne Blutrunft, sollen sie ohne alle Gnade gestraft werden. So einer aber an 
Ehr und Glimpf gescholten würde, sollen die Altknechte solches vor das Hand 
werk bringen und Rat suchen, wie das gestraft und hingelegt möchte werden, 
damit kein Aufstand oder anderer Unrat unter den Löwerknechten daraus 
entspringen möchte. Denn im Ehrenpunkte waren Meister und Gesellen 
1) Stadtarchiv, J. 106.
	        
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