Streitschriften, betreffend die Rechtfertigungslehre, da hört er, wie jemand
in das Haus einsteigt. Er ergreift ein Licht, bewaffnet sich mit einem Paar ei-
serner Fausthandschuhe und ergreift den Hammer, dessen er sich als Dekan der
theologischen Fakultät zum Aufschlagen des akademischen Siegels zu bedienen
pflegte; zugleich ruft er dem unten vorbeigehenden Ulächter zu, daß ein Dieb
eingebrochen sei und er die Eingänge im Auge behalten solle. Der Eindringling,
als er merkt, daß er entdeckt fei, sucht durchs Fenster das Freie zu gewinnen und
stemmt sich mit aller Kraft gegen den Laden, den der Ulächter von aussen auf
die Dauer nicht zuzuhalten vermag. Der Fremde springt heraus, kommt zu
Fall und wird vom Wächter festgehalten; da er aber diesem an Kraft überlegen
ist, so ruft der Wächter um Hilfe, Crocius eilt heraus, das Licht verlöscht, und in
der Dunkelheit kommt es zwischen den Männern zum Handgemenge, in
welchem der Angegriffene sich des Hammers zu bemächtigen sucht. Da lassen
die Worte, die dieser, als er frei geworden, ausruft: „Harr’, ich will dir’s
besser geben!“ den Dekan befürchten, daß jener von seiner Wehre Gebrauch
machen werde. Er schlägt mit dem Hammer zu und versetzt dem Fremden
eine tödliche Wunde.
Nun starb am 2. März ein junger Kornet in landgräflichen Diensten
mit Namen Ehristian Canis oder Hund, und die Mutter desselben Sabine,
Moritz Hunds genannt Official Witwe, eine geborene Heugelin, erhob gegen
Crocius die Anklage, daß er ihren Sohn absichtlich erschlagen. Darnach war
der Sachverhalt folgender: Ein heimliches Liebesverhältnis, in dem der junge
Kornet zu des Dekans Tochter gestanden, hatte jenen veranlaßt, nächtlicher
weile bei ihr einzusteigen. Briefe des Mädchens, welche die Mutter dem Ge-
richt vorlegte, bezeugten auch, wie sehr sie dem Erschlagenen in Liebe zugetan
gewesen. Wogegen Crocius die Identität des jungen Canis mit dem Ein-
brecher, den er getroffen, damit bestritt, daß in jener nämlichen Nacht der
Kornet einen anderen Soldaten zum Zweikampf herausgefordert und auf
die Frage: Wer bist du? geantwortet habe: der Teufel bin ich! — In diesem
Zweikampf möge er wohl den tödlichen Streich empfangen haben.
Das war wenig glaublich, und da der Kornet vor seinem Tode den Her-
gang wesentlich anders dargestellt hatte, so stand die Sache für Crocius lange
Zeit ungünstig genug, nicht als ob er die gegen Diebe und Einbrecher erlaubte
Notwehr überschritten hätte, sondern vermutlich um deswillen, weil man
annahm, er habe um das heimliche Liebesverhältnis gewußt. Er wurde aller
seiner Ämter vorläufig enthoben. Von gefänglicher Einziehung wurde ab-
gesehen und ebensowenig dem schimpflichen Antrag der Mutter, den Ange-
klagten wegen behaupteter Unglaubwürdigkeit peinlich zu befragen, statt-