Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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1) Jch folge hier im wesentlichen der ausführlichen und im einzelnen sehr an 
ziehenden Darstellung uon Karl Schwarzkopf: Cassel im 30 jährigen Kriege, in des 
Verfassers „Alt-Cassel“, Gesammelte Vorträge und Aufsätze . . . Cassel 1909, Ar. 1. 
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verschuldet habe. Aller Vorwurf treffe hier seinen Günstling und Berater, 
den Generalaudienzierer Dr lUolfgang Günther, und so lange er nicht diesen 
entlasse und seinen Ständen, insbesondere der kaisertreuen Ritterschaft folge, 
werde er keine andere Behandlung zu gewärtigen haben, 1 ) Da lagen die 
scharfen inneren Gegensätze klar zutage, lind noch deutlicher wurde die 
gegnerische Absicht, als unmittelbar nach der Mündener Konferenz der liguts- 
tische Feldherr einen sandtag der hessischen Stände nach Gudensberg be 
rief und ihnen hier die Proposition machte, Noritz zur Abdankung zu nöti 
gen. 6in solcher Vorschlag konnte natürlich nur im Einverständnis und nach 
vorgängiger Beratung mit den Ständen, insbesondere mit der Ritterschaft 
erfolgt sein. Seiner Forderung Flachdruck zu geben, verließ Tilly Münden, 
bezog ein festes sager im Fliestetal zwischen Heiligenrode und Sandershausen 
und bedrohte die Residenz des Fürsten von hier aus mit unmittelbarem 
Angriff. 
So kam alles darauf an, daß die Festung Cassel sich hielt. An Besatzung 
war hier kein Mangel; denn unter der 6329 Köpfe zählenden Bevölkerung 
befanden sich 1312 wehrhafte Männer, die nach den vier Bürgerschaften in 
ebensoviel Ausschutzkompagnien verteilt waren. Dazu war eine starke Gar 
nison geworbener regulärer Soldateska vorhanden, die mit Munition reichlich 
versehen war und bei häufigen Ausfällen mit dem Feind eifrig fcharmuzierte. 
Aber sonst sah es in der Stadt trostlos aus, Die Bürger hatten keine Lebens 
mittel, um sich — geschweige denn die bei ihnen mit IVeib und Kindern ein 
quartierten Soldaten — zu ernähren, und Klagen auf beiden Seiten sind 
überhäufig. Jm weiten Umkreis hatte Tilly der Stadt die Zufuhr abge 
schnitten. Das Unglück voll zu machen, brach unter der notleidenden Be 
völkerung noch die „Pest" aus, der sehr ansteckende Flecktyphus, der massen 
haft seine Opfer forderte, zumal in den unteren Stadtteilen. Die Sterblich 
keit erreichte besonders in den Monaten Juni und Juli eine unheimliche Höhe. 
Aber die Stadt, die zwar an den Gudensberger Verhandlungen keinen 
Teil genommen hatte, in der aber die Mißstimmung von Tag zu Tage wuchs, 
hielt gleichwohl aus und rettete für diesmal noch dem Landgrafen seinen 
Thron. Man hat es Moritz hoch angerechnet, daß er in solcher schweren Krise 
standhielt und sich nicht beugen ließ, und es ist kein Zweifel, daß er hohen 
Mut und Festigkeit in diesen Tagen bewiesen hat. Aber für ihn und Dr IDolf- 
gang Günther handelte es sich um nichts mehr und nichts weniger als um 
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