Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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der 'Umstand, daß sie in der Xsnterneustädter Kirche eigenen Gottesdienst 
erhielten. 6in noch heute redendes Zeugnis ihres Gewerbfleifjes find die 
stattlichen, hochgegiebelten Bürgerhäuser der Altstadt, die sie erbauten. 
Schon seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts hatte man den Reich 
tum der hessischen XUälder für die Glasbereitung nutzbar gemacht. Allein da 
die Hütten doch des Holzes allzuviel verschlangen, so sah man sich nach einem 
Ersatz um, und nachdem der Soodener Salzgrebe, Pfarrer Job. Rhenanus, 
den Kohlenreichtum des Weißners entdeckt und zur Salzsiederei verwandt 
hatte, förderte Bandgraf Wilhelm IV. überall, und so speziell auch am Ha 
bichtswald, den Kohlenbergbau (feit 1571). Rhenanus, ein erfinderischer 
Kopf, ist der erste überhaupt, der den Gedanken gefaßt hat, die Kohle zur 
Glasfabrikation zu verwenden, und der Bandgraf, eifrig auf den Plan ein 
gehend, erteilte demselben den Auftrag, in hiesiger Stadt einen entsprechenden 
Ofen zu bauen, was im Jahre 1579 geschah. Die ersten Versuche mißglückten 
allerdings, da Rhenanus sich über die Bestandteile des zu erzielenden Fabri 
kates nicht hinlänglich klar geworden, und erst als es dem Hofschreiner und 
landgräflichen Baumeister Christoph Müller (dem schon mehrfach rühmend 
erwähnten Universalgenie) im Jahre 1580 gelungen war, durch ein Dörr 
verfahren der Kohle ihre Feuchtigkeit zu nehmen und eine Art Koks zur 
Glasbereitung zu gewinnen, waren die Versuche von Erfolg gekrönt. Cassel 
hat also den doppelten Ruhm, daß hier zuerst mit Kohlen Gläser gebrannt, 
und daß einer seiner Bürger der Erfinder des Verfahrens wurde, wie die 
Kohle dafür zuzubereiten fei. Allein in Deutschland verstand man bis da 
hin nur die Kunst, gewöhnliches Weißglas zu machen. Kristallglas mußte 
aus Böhmen oder aus Venedig bezogen werden. Die gelungenen Versuche 
erweckten die Cust in Wilhelm IV., auch solches Glas in hiesiger Stadt an 
fertigen zu lassen. Jedoch war das bei dem von den zünftigen Glasbläsern 
streng behüteten Geheimnis keine leichte Sache. Zwar gelang es dem Band 
grafen, einige Jtaliener, darunter einen Venetianer Franceso Varisco, der bis 
dahin in dänischen Diensten gestanden hatte, zu gewinnen; im Weißenhof 
wurde der Ofen erbaut, und nachdem die neue Glashütte am Johannistag 
1583 zu arbeiten angefangen hatte, wurden auch binnen der ersten fünf 
Wochen 13390 Gläser und 3249 Scheiben bereitet. Die Unverträglichkeit 
und Faulheit der Jtaliener, ihre hohen Bohnansprüche und der schlechte Ab 
satz der Gläser, der die Herstellungskosten nicht deckte, verleideten dem Band 
grafen nachmals das Unternehmen, sodaß es bereits nach wenigen Jahren einging. 
Der Charakter dilettantenhafter Versuche ist solchen Unternehmungen 
nicht abzusprechen. Methodischer ging Moritz zu Werke, der, vollsten Ver- 
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