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suppe die näheren Freunde und Verwandten, uon da aus dann der Kirchgang
uor sich geht. Die Braut trägt einen Rosenkranz. Da manch einer bei diesem
Sang schon in animierter Stimmung sein mochte, so untersagte Wilhelm II.
die Brautsuppe ganz, und Philipp setzte, vermutlich weil das Verbot nicht
half, den Kirchgang schon auf 7 Vhr morgens fest. Der Trauung folgte bald der
„rechte Jmbs", das eigentliche Hochzeitsmahl, bei dem es hoch herging und die
Tische sich unter der Zahl der Schüsseln bogen. Dabei wurde jedoch nicht
herumgereicht, wie heutzutage, sondern je zwei Personen erhielten eine Schüssel
zu gemeinschaftlicher Speisung. Zumeist gab es hiernach einen Umzug mit
Trommlern und Pfeifern durch die Stadt, und am Spätnachmittag vereinigten
sich die Säfte zu einer dritten Mahlzeit, worauf der Tanz begann und bis zur
frühen Morgenstunde fortgesetzt wurde. Andern Tags geleitete man die Braut
mit Musik in toller Triftigkeit in ihr neues Heim, wo abermals ein Mahl her
gerichtet war. Das war die Tlachhochzeit, auf die oft der ganze Tag draufging.
Wie viel Säfte vor dem Erlaß der Ordnungen geladen wurden, wissen wir nicht;
Tandgraf Tudwig beschränkte deren Zahl auf hundert. Später wurden 8
Tische zu je 10 Säften gestattet. Tandgraf Moritz, dessen scharfem Verstand die
Nutzlosigkeit der Aufwandsgesetze nicht entging, begnügte sich, den Tuxus
gelegentlich zu geißeln, wie er denn den Abgeordneten der hessischen Städte,
als sie im Jahre 1619 sich über die Höhe von Tizent und Akzise beschwerten,
entgegenhielt, daß sie für Hochzeitsschmäuse Seid im Tiberfluß hätten und
sich mancher dabei in Schulden stecke, der jetzt klage. Nur hat die sich immer
breiter machende puritanisch-grämliche Richtung, die in jeder Tandesnot ein
Strafgericht des Himmels sah, gerade von ihm aus auch auf jede Äußerung
der Tebensfreude ihren Mehltau fallen lassen.
Solche Seltenheiten wie Hochzeiten und Kindtaufen mußten in alter Zeit
die Stelle von Bällen ersetzen, die heute in geselligen Vereinen oder von Saft-
wirten und Saalbesitzern eigens veranstaltet werden, um Selegenheit zum Tanze
zu geben. Die einzige Vereinigung, welche allenfalls in Parallele zu stellen wäre,
war die Schützenbrüderschaft, deren Auszüge allgemeinen Volksfesten glichen.
Doch liegt es auf der Hand, daß da nicht, wie in unseren Tagen, das Vergnügen
der Zweck, sondern erst das sekundäre Moment war, ebenso wie die berüchtigt
gewordenen Schmausereien der Kalandsbrüder, von denen jedoch in hiesiger
Stadt keine Bruderschaft nachweisbar ist. Dieselbe Wandlung beobachten wir
ja auch bei den Kirchweihfesten oder Kirmessen, wo die kirchliche Sedächtnis-
feier allmählich ganz in den Hintergrund getreten ist. Solcher Kirchweihfeste
gab es ehedem in hiesiger Stadt auch, wie St. Märtenskirmeß auf den Sonntag
Vocem jucunditatis, und der Brüderablaß, Mittwoch nach Quasimodogeniti,
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