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Landgrafen ein Privileg für den alleinigen Druck und Vertrieb der Schul-
bucker in Hessen. Als nun aber Jungmann, wie schon erzählt, im Sommer
1597 von der Pest hingerafft wurde, bot dessen Vater namens seines Enkels
Justus dem sandgrafen die Druckerei für den Preis von 600 Talern zum Kaufe
an. Wenn wir nun von 1598 ab Wessel im Besitz dieser Druckerei finden und
er in diesem Jahre den sandgrafen um Hilfe und Unterstützung bittet, so
dürfen wir annehmen, daß Moritz den Ankauf für Wessel vermittelt und diesen
zur Ausübung seines Geschäftes in den Stand gesetzt hatte, zumal der Fürst
dazu das von seinem Vater in der Aue erbaute Lusthaus hergab. Wessel, der
(wie gesagt) auch als Formschneider Hervorragendes leistete und treffliche
Randverzierungen fertigte, hat tüchtige Druckerzeugnisse geliefert, konnte
es aber trotz ihm erteilten Privilegs aus unbekannten Gründen nie zu Wohl-
stand bringen. 1 ) Er bewohnte das Haus Wildemannsgasse Nr. 15, neben dem
Gasthaus zum Wildenmann, wo feine Witwe sich mit Branntweinbrennen er-
nährte. Sein Sohn Johann setzte später das Geschäft fort; ein anderer war
sandmesser im Dienst der hessischen Fürsten, ein Enkel Baumeister. Als Merk-
würdigkeit sei erwähnt, daß im Jahre 1615 die Rosenkreuzer ihre erste Prokla-
mation an alle Gelehrte und Häupter Europas in der Wesselsdren Offizin
drucken ließen?)
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Geschichte der bildenden Künste
in Cassel im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert,*) so können wir uns auf
einige wenige Namen beschränken. Von den Malern ist in erster Linie Michael
Müller zu nennen; weniger seines Könnens wegen, denn bedeutende Künstler
hat Cassel in dieser Periode überhaupt nicht aufzuweiten, als weil er zeitlich an
erster Stelle steht. Bei Lukas Cranach d. A. in Wittenberg gebildet, wurde er
1536 von Landgraf Philipp als Hofmaler gegen eine feste Besoldung in Dienst
genommen. Das dünkt uns heute seltsam. Doch die Maler jener Zeit hatten
dafür der Hauptsache nach rein handwerksmäßige Leistungen zu verrichten,
insbesondere Dekorationen und namentlich Wappen und Fahnen zu malen.
Das tat auch unser Michael Müller, ein vortrefflicher Mann und Bürger und a
guter Freund Hans Wilhelm Kirchhofs, dessen Vater 1547 das Haus neben
dem des Malers auf dem Graben erkaufte. Von seinen Werken ist uns wenig
noch erhalten geblieben, darunter aber das wertvollste, das Porträt Landgraf 1 2 3
1) Vergl Könnecke: Hessisches Buchdruckerbuch. Marburg 1894, S. 10 ff.
2) Rommel: Geschichte von Hessen, Bd. 6, S. 524.
3) Über die Casseler Hofmaler f. u. a. Scherer, im Repertorium für Kunst und
Wissenschaft, Bd. 21, H. 1. — Diemar, in den Mitteilungen des V. f. H. 6.1898, S. 50 ff.
— u. Drach u. Könneche: Die Bildnisse Landgraf Philipps d. Großm. Marburg 1904.