134
keit der Zeit in deutschen fanden, wo wir vielen gekrönten Poeten, aber
keinem einzigen Dichter begegnen. Ein wirklicher Ehrenkranz ist aber dem
Fürsten aufs Haupt zu setzen wegen seiner Verdienste auf dem verwandten
Gebiete der Musik. Selbst als Komponist geistlicher Motive wie als ausübender
Künstler tätig, hat Moritz den Vater der modernen Musik, Heinrich Schütz,
auf seine Kosten ausbilden lassen und von 1612 bis 1614 an seiner Hofkapelle
und als Organisten beschäftigt, der später dann in Dresden am kurfächsischen
Hofe, wohin ihn Moritz anfangs nur beurlaubt hatte, seine eigentliche Schaffens
tätigkeit entwickelte. Auch Alessandro Orologio und andere Musiker von
Ruf, wie die Engländer Dowland und Hewett, hielten sich vorübergehend
am landgräflichen Hofe auf. 1 )
Es scheint, als habe Moritz die Geister wohl anzuziehen, aber nicht zu
fesseln vermocht. Er war von Tlatur zum Mißtrauen geneigt, dann heftig
und ungerecht und Uetz seiner tyrannischen saune nur allzuleicht die Zügel
schießen. So kam es wenigstens, daß Wilhelm Dilich nach langen Quälereien
das fand heimlich verließ, um (wie Schütz) am sächsischen Hofe eine zweite
Heimat zu finden. Diesem ausgezeichneten Künstler verdanken wir bekannt
lich die hessische Chronik, die er mit den trefflichsten Ansichten hessischer
Städte und Bergschlösser geschmückt hat. Die historische Treue der Ansichten
macht sie zu wertvollen Quellen für die Baugeschichte; eigenen Reiz ver-
leihen vielen die Figurengruppen des Vordergrundes, in deren Darstellung
Dilich sich an Albrecht Dürer anlehnt. Audi als Kartograph und Festungs-
baumeister ist er von Bedeutung.
Dilichs Chronik, eine typographische Merkwürdigkeit, insofern wohl
kein Exemplar im Druck völlig mit dem andern übereinstimmt, — das erste
erschien 1605 — ist eines der Haupterzeugnisse der ersten hiesigen Buch
druckerei. Bis in die 90 er Jahre des 16. Jahrhunderts hatte unsere Stadt
einer Druckerei ermangelt. Es war gewiß dringender Wunsch des fandgrafen
Moritz, schon um seihe eigenen Geisteserzeugnisse in die Öffentlichkeit zu bringen,
eine solche in seiner Residenz zu besitzen. 1594 erteilte er dem (vermutlich aus
Bremen gebürtigen) Drucker und Formschneider Wilhelm Wessel ein Privileg;
allein Wessel hatte keine Druckerei. Da war es der schon oben rühmlich er
wähnte Rektor Jodocus Jungmann, der aus dem gleichen Bedürfnis wie
fein fürstlicher Freund nunmehr in seinem Haufe eine Privatdruckerei anlegte
und dazu gedachten Wessel in seine Dienste nahm. Er erhielt daraufhin vom
1) Zulauf, E.: Beiträge zur Geschichte der Landgräfl.-Hess. Hofkapelle zu Cassel
bis auf die Zeit Moritj des Gelehrten. Inaug.-Diss. Cassel, 1902.