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Begriff uon seinem dichterischen Können beibringen. Jmmerhin ist sein Ge
schick, die jedesmalige lUappenbeschreibung in ein lateinisches Distichon oder
einen deutschen Dierzeiler zu fassen und alles noch in einen moralischen Ge
sichtspunkt ausklingen zu lassen, anerkennnnswert genug und insofern uon
Interesse, als man sieht, wie die alte Kunst der lüappenherolde und Reim
sprecher sich traditionell erhalten hatte. Die Sinnsprüche beim Lasseier
Stadtwappen mögen als Beleg dienen. Der lateinische lautet:
Cassellae nitidis folits nitida trabe peltam
Caeruleam fignant: stantque uirentque Deo.
Und der deutsche:
Die Stadt Cassel in ihrem Schildt
führet ihre Kleebletter mildt.
Gin starcker Balck durch die hingeht.
Recht thun vor Gott blüt und besteht.
Fabronius bekleidete nur wenige Jahre fein Konrektorat an hiesiger Stadt
schule, dann wurde er Pfarrer in lüaldau.
Andere hiesige „Dichter“, wie der aus den Niederlanden uor Albas Blüten
entflohene Jakob Thysius, 1615 Professor der Poesie und Geschichte in Mar
burg, seit 1620 dahier Bibliothekar der Hofbibliothek und Professor am Colle
gium Adelphicum, kommen nicht in Betracht. Jhre Leistungen bestanden
meist in sorgfältig gefeilten lateinischen Gelegenheitsgedichten, bei welchen die
Kunst des feinen Lobes das Wesentliche war. Nach damaliger Auffassung
konnte man tatsächlich das Dichten erlernen, sofern man den nötigen gelehrten
Apparat sich zu eigen gemacht hatte.
Don Männern der Wissenschaft nennen wir vornehmlich und an erster
Stelle den Theologen Caspar Cruciger, einmal weil Landgraf Wilhelm IV.
ihn (um 1580) als Erzieher des jungen Prinzen Moritz herbeirief; sodann weil
dieser aufgeklärte Theologe als Dorsitzender des geistlichen Konsistoriums,
wie als Lehrer des jungen Landgrafen, viel dazu beigetragen hat, der refor
mierten Lehre Eingang in Hessen zu verschaffen. Der Hatz der orthodoxen
Lutheraner ist ihm dafür reichlich zuteil geworden. Er wohnte im Weitzen
Hof. — Der grösste Gelehrte in seiner Residenz war Moritz selbst. Dazu be
sä tz er eine wirklich bewundernswerte Deranlagung für Pädagogik, die er
praktisch an der von ihm im Jahre 1595 ins Leben gerufenen Hofschule be
tätigte. Nicht nur datz er den gesamten Unterricht überwachte, er hielt selbst
seine Lehrstunden ab und war der tatsächliche Leiter der Anstalt. 1 ) Mit feinen
1) Hartwig, Th.: Die Hofschule zu Cassel unter Landgraf Moritz. Hersfeld 1865.