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handelte gern und wurde in dieser Neigung nur übertroffen uon seiner Ge
mahlin Sabine, einer vortrefflichen Frau, bei welcher aber das Arzeneibereiten
zur Leidenschaft geworden war. Für die freie Arzenei, welche die Armen der
Stadt aus der Hofapotheke erhalten, und die sie bei Lebzeiten vielfach selbst
darin bereitete, danken jene ihr noch heute. 1580 legte Wilhelm den Grund
zu der jetzigen Landesbibliothek.
Wenn er etliche Haler beschäftigte, wie Michael Hüller, Kaspar uan der
Borcht, Christoffel Jobst, und uon letzteren eine Unmenge Porträts aller feit
1530 regiert habenden Fürsten für den Goldenen Saal seines Schlosses malen
lieh, so werden wir hinter den Bildnissen keine Kunstwerke suchen dürfen.
£s waren meist Kopien, die er anfertigen lieh, bestimmt, dem Saal als Schmuck
zu dienen und als Merkwürdigkeit.
Bedeutendes hat Wilhelm auch während seiner Regierungszeit als Bau
herr geleistet, und seine Monumentalbauten sind noch heute eine Zierde un
serer Stadt. 6nde der 70 er Jahre legte er den Grund zu der neuen Kanzlei
auf der Stelle des alten landgräflichen Wirtschaftshofes, des sogenannten
Renthofes, mit welchem die Gebäude des ehemaligen Karmeliterklofters ver
bunden wurden. Die feierliche Ginweihung des Teiles mit der Sessionsstube,
darin das Wandgemälde von Christoph Jobst, erfolgte am 20. November 1580.
Die Fertigstellung des Ganzen zog sich noch länger hin. Hierher wurden jetzt
die obersten Landesbehörden verlegt, die bis dahin in dem von seinem Vater
Philipp im Jahre 1526 zur Kanzlei erkauften von Boyneburgischen Rittersitz
am Marställerplatz (Ecke der Wildemannsgasse) ihren Sitz gehabt hatten.
Aber auch dieser Boyneburgische Freihof, der nach Fr. Nebelthaus Ansicht 1 )
identisch ist mit dem alten, im Jahre 1391 von Landgraf Hermann einge
zogenen und weiter verliehenen Patrizierhof „in monte", und den noch 1510
Anna, Reinhart von Boyneburgs Witwe, als einen mächtigen Bau mit massivem
hohen Sockel und übergreifendem hölzernen Obergeschoss neu aufgeführt hatte,
mußte nun fallen. Denn auf seiner Stelle erbaute Landgraf Wilhelm seit 1591
den Marstall, den die Baumeister Hans und Hieronymus Müller aufführten,
wohl die Söhne oder Derwandten des alten Hofschreiners und Architekten Chri
stoph Müller, unter dessen Leitung seit 1581 der mächtige Zeughausbau erstan
den war, der aber erst 1605, lange nach Wilhelms (im Jahre 1592 erfolgten)
Tode, zur Vollendung kam. Dessen Sohn und Nachfolger Moritz, sonst nicht min
der baulustig als sein Vater, hat sich in unserer Stadt weniger betätigt. 6r ver
schönerte das Schloß im Innern und von auhen, besonders durch einen schönen
1) Z. H. G. Bd. 23, S. 59.