Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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So war’s in Friedenzeiten. Der Dienst der Bürger auf den Wällen ist 
der Ausgangspunkt der militärisch-organisierten Bürgerschütjen-Kompagnien 
geworden, wie der auf den Mauern und Türmen sie ehedem genötigt hatte, 
sich im Armbrustschießen auszubilden. Damals schlossen sie sich hier wie ander 
wärts in kirchlicher Form zu St. Sebastians Bruderschaft zusammen, jenes 
römischen Gardekapitäns und christlichen Märtyrers, den die mauretanischen 
Bogenschützen am Kreuze aufgehangen und zur Zielscheibe ihrer Pfeilschüsse 
gemacht hatten. Während der St. Bastiansaltar in der Altstädter Kirche be 
reits 1382 urkundlich genannt wird, finden wir die Bastiansbrüder selbst zu 
erst 1497 erwähnt; sie haben da bereits ein eigenes Schießhaus. Auch tut die 
Bruderschaft, welche sich zur Altstädter Cyriakuskirche hält, im folgenden Jahr 
hundert — so 1523 — wiederholt Geld auf Zinsen aus und hat bei der Auf 
hebung der Kirche und der Auflösung des geistlichen Verbandes eigenes Ver 
mögen, das der Stadt anheimfällt. Denn ihr gehören die ersten Bürger der 
Stadt an. Darum bestanden die Schützen als Gesellschaft auch weiter noch 
fort und übten sich mit der Armbrust auf ihrem Schießstand vor dem Ahna- 
berger Tore auf dem Möncheberg, da wo etwa auf dem Platze des heutigen 
Wirtshauses zum „Bunten Bock" ihr Scheibenstand zu suchen ist. 
Da aber der neue Festungsgürtel den Gebrauch der Feuerwaffe er 
forderte, so rief Tandgraf Philipp gleich im ersten Jahre nach Beginn der 
Wiederherstellngsarbeiten die Büchsenschüßen zum Dienst heran und ver 
anlaßte sie in Gemeinschaft mit dem Kat der Stadt, daß sie sich im Jahre 
1553 eine regelrechte Verfassung, nach damaliger Weise in den üblichen zunft 
mäßigen Formen, gaben, wobei er hoffte, daß eifrige Übung ihm bald eine 
zuverlässige Mannschaft bilden werde. Den Schießplatz für das Feuergewehr 
finden wir von da ab links der Ahna, man nannte den Ort früher den Gänse 
platz, mit der Richtung nach dem sogenannten Sandwerr, wo die Scheibe stand. 
Den Eifer der Schützen anzufachen, verordnete Philipp als Preise gewisse 
Tuchgeschenke. Doch das Schießen mit Pulver und Blei war teuer, es wollte 
kein rechter Schützengeist aufkommen; man bevorzugte auch selbst bei Hofe 
die alte Armbrust noch lange Zeit, und so sah sich der Tandgraf veranlaßt, ums 
Jahr 1560 auch die Stadt zur Aussetzung von Preisen zu bestimmen. Vor 
allem aber befahl er, daß die hiesigen Zünfte jede aus ihrer Zahl ein bis zwei 
Mitglieder, die zur Ausbildung mit der Büchse geeignet seien, hergeben sollten, 
womit er auf einen Bestand von hundert Schützen rechnen zu dürfen glaubte. 1 ) 
1) Schreiben Philipps an den Hagistrat ohne Datum. 
Harburg, H. St. S. 821. 
Abschrift im St. Archiv
	        
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