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Schritte lang unter dem ganzen Zwehrenberg her, da wo jetzt das rote
Palais steht, ins Freie und war seiner sänge und Dunkelheit wegen für
wagen und Fußgänger sehr beschwerlich, einmal war ein Soldat darin zu
Tode gekommen, und ein andermal war eine Frau uon einem wütenden
Stier darin auf die Hörner genommen und emporgeschleudert worden, so
daß sie an den Verletzungen starb. Darauf ließ Landgraf Wilhelm das Tor
ganz schließen und ein anderes brechen, das zwischen dem Zwehrenberg
und Zuckmantel hinausführte und jetzt noch in vermauertem Zustande an
der südöstlichen Seite des Naturalienmuseums vorhanden ist und noch heute
durch eine Inschrift vermeldet, daß der sandgraf am 22. April 1591 zum
ersten Male hindurchgefahren sei. Man gelangte dort zu dem sogenannten
obersten landgräflichen Baumgarten, der den unteren Teil des Friedrichs-
platzes einnahm. Der gesamte Wagenverkehr auf der Straße von Frankfurt
mußte aber bis zur Beseitigung der Festungswerke seinen weg durch das
Neue Tor nehmen.
Bei der Heubefestigung der Stadt gingen den Bürgern wiederum viele
Gärten verloren, ohne daß die sandesherrschaft mit dem Ersatz sehr bei
der Hand gewesen wäre. Andererseits mag der Bau, zu dem, „dieweil er
eine gemeine sandesnot“, Hilfe aus dem ganzen fände aufgeboten wurde,
auch reichlichen Verdienst gebracht haben. Die Gesamtkosten wurden auf
14 Tonnen Goldes veranschlagt, die Tonne zu 100000 Gulden gerechnet;
man hat also, da die letzte Bastion, die an der Kleinen Fulda, 1592 fertig
wurde, durchschnittlich im Jahre 30—40000 Gulden verbaut. Mit dem
Bau des Neuen Tores mochte Landgraf Wilhelm die Werke als vorläufig
beendet ansehen; denn im Jahre darauf, am 14. Februar 1588, erließ er
eine Wachtordnung, die als der Abschluß betrachtet werden darf. Darnach
verrichteten die Bürger gemeinschaftlich mit den Soldaten den Nachtdienst
in der Weise, daß der Hauptmann sein Lager hat auf dem Nachthaus
beim Müllertor, und hat bei sich 8 Soldaten, 4 (später 6) von der Bürger-
schaft und 3 Büchsenmeister (Artilleristen); versieht die Nacht auf einer
Seite bis an die Brücke beim Zeughaus, auf der anderen bis an den Berg
vor dem Hohentor, hat also den Berg vor dem Gießhaus und den Berg
vor dem Müllertor zu verwachen. Dann folgt in derselben Weise der Nacht-
meister auf dem neuen (äußeren) Zwehrentor; ein Bevelhsmann oder Rott-
meister (Feldweibel) auf dem Bollwerke beim landgräflichen Weinberge, dem
Zuckmantel; der Profoß auf dem Berge über der Ahnaberger Mühle; der
seutenant hat die Nacht in der ganzen Neustadt; der Quartiermeister endlich
auf dem Ravelin davor.