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Meckeln) in unwürdigster Gefangenschaft gehalten wurde, von wo man ihn
sogar nach Spanien zu bringen gedachte.
Eine der Bedingungen, auf welche die Unterwerfung des Landgrafen
angenommen wurde, die hauptsächlichste, war die Schleifung aller Festungen
des Landes bis auf eine. Cassel, Gießen und Rüsselsheim wurden gebrochen
und nur Ziegenhain erhalten. Mit dem Vollzug dieser Maßregel betraute
der Fremdling auf dem Throne des Reichs auher etlichen Spaniern in recht
gehässiger Weise einen alten Feind des hessischen Fürstenhauses, den Grafen
'Reinhart uon Solms, damit die Schleifung eine gründliche fei. Und in der
Tat machte man reine Bahn. Die kaum vollendeten Werke um die hiesige
Stadt wie um das Sckloh wurden vollständig niedergelegt und dem Erdboden
gleich gemacht, das letztere war sogar in Gefahr, in die Luft gesprengt zu
werden. 1 ) Das Geschütz wurde ausgeliefert und das Land wehrlos gemacht,
das überdies eine Schatzung von 150000 Gulden aufbringen muhte. Philipp
war zu allen Opfern bereit, um nur die Freiheit wieder zu erlangen. Jn
Briefen an feine Räte drang er auf Beschleunigung der Demolitionsarbeiten,
weil er hoffte, sofort auf den Bericht darüber in Freiheit gesetzt zu werden.
Sogar das Augsburger Interim nahm er an und war sehr ungehalten, als eine
in hiesiger Stadt abgehaltene Generalsynode der hessischen Geistlichkeit dies
für unannehmbar erklärte. Alle feine Bemühungen waren vergeblich. Bereits
vier Jahre hatte er geschmachtet, da kam auf Betreiben seines ältesten Sohnes
Wilhelm das Bündnis zwischen Hessen, Kurfachsen und einigen anderen evan
gelischen Reichsständen einerseits und Frankreich andererseits zustande (den
5. Okt. 1551), daraufhin die hessischen Stände im Februar 1552 in hiesiger Stadt
zusammentraten und zum Krieg gegen den Kaiser die Nittel uerwilligten.
Kurfürst Noritz, mit dem jungen Landgrafen vereint, nötigte in raschem Sieges
läufe nach Erstürmung der Ehrenberger Klause den Kaiser zur eiligen Flucht
von Innsbruck über den Brennerpaß und zwang ihn zu dem Passauer Ver
trag (vom 2. August 1552), der dann auch dem alten Landgrafen die
Freiheit zurückgab.
Am 12. September, einem Sonntag, kehrte Philipp in seine Residenz
zurück. Die Gemeinden waren in ihren Kirchen beim Gottesdienst versammelt.
Als sich aber die Kunde von der Ankunft des geliebten und betrauerten Fürsten
verbreitete, strömten die Bürger und Bürgerinnen heraus ihm entgegen und
folgten ihm in die St. Martinskirche. Hier begab sich Philipp in den Chor
1) Genaueres bei Kn et sch: Zur Baugeschichte des alten Casseler Landgrafen
schlosses, a. a. 0., S. 318 f.