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am Donnerstag vor Invokavit (den 15. Febr.) 1526 freiwillig ihr Kloster dem
Landgrafen, 1 ) in welchem dann einige Zeit Johann von Avignon gewohnt hat.
Die Kugelherren im Uleitzen Kose, 8 Priester und 2 Laien, traten 1527
zur evangelischen Lehre über; ihr nicht geringer besitz wurde als Staatsgut
eingezogen, 2 ) die dem heil. Georg geweihte geräumige Kirche diente unter
den Landgrafen Philipp und Wilhelm als Zeughaus, bis sie von Landgraf
Moritz, als dieser den Durchgang nach dem Topfenmarkt eröffnete (1608),
weggebrochen wurde.
Ebenso scheint die Aufhebung des Ahnaberger Klosters auf keine Schwie-
rigkeiten gestotzen zu sein, 8 ) trotzdem es im Laufe der Jahrhunderte mancher
ledigen Lasseier Bürgerstochter, ja selbst ln letzter Zeit (1490) noch zweien Prin-
zessinnen des hessischen Fürstenhauses, den Töchtern des Landgrafen Wilhelm I.,
Anna und Mechthildis, Aufenthalt und Versorgung gewährt hatte. Don den
30 Tlonnen scheinen nur zwei Schwestern von Boyneburg die gereinigte Lehre
nicht angenommen zu haben. Die Einkünfte des Klosters wurden von Philipp
zur Dotierung der Pfarrer der Alt- und Deustadt und der neuen hiesigen Stadt
schule höchst segensreich verwendet. Aus dem schönen Flaus, welches die Schwe
stern sich erst 1512 erbaut hatten (Abb. Tafel 9), machte Landgraf Wilhelm IV.
1568 einen Fruchtboden, sogenannte Zehntscheuer; später wurde es als Kaserne
benutzt, bis es der königlich-preußische Militärfiskus abreißen ließ und unsere
Stadt damit wieder um ein architektonisch wertvolles Bauwerk ärmer wurde.
Mit der Aufhebung des Klosters Ahnaberg traten die Alt- und die Deu-
städter Kirche aus dessen Patronatsverband heraus. Doch größer und bedeu
tungsvoller aber war die Umgestaltung der hiesigen Kirchenverfassung durch
die Aufhebung des Chorherrenstiftes zu St. Martin. Hier hatte Philipp 1525
den bisherigen Lesemeister zu den Brüdern, den schon genannten Johann
von Campis, als Pfarrer angestellt. Da derselbe das Predigen für die Haupt
sache und für wesentlicher hielt, als ln dem geisttötenden Chordienst Vigilien
zu singen, so weigerten sich die Chorherren, ihm die mit letzterem verbundenen
Gefälle ausfolgen zu lassen. Ein scharfes Schreiben des Landgrafen aber be-
deutete sie (den 19. Dovember 1525), daß an der Predigt alles, an dem Chor-
dienst wenig gelegen sei, und so fanden sich die Stiftsherren ohne Schwierigkeit
zu der Erklärung bereit, die Seelenmessen abzustellen, sofern man ihnen nur
die Einkünfte belasse (den 16. Dezember 1525), was Philipp sehr billigte. Dies 1 2 3
1) Rommel, Bd. 3, S. 278 d. Anm., Dr. 48. — Wolfs, W.: Die Säkularisierung
und Verwendung der Klostergüter in Hessen. Gotha 1913, S. 103.
2) Wolff o. a. 0., S. 103 f.
3) Rommel, S. 285 d. Anm. — Wolff, S. 117.