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war, ein starkes Kontingent unter Führung seines Marschalls Johann Schenk
zu Schweinsberg zu Herzog Wilhelm stoßen. Die von Einbeck, die den Her
zogen von Grubenhagen untertan waren, wollten dem Herzog uon Wolfen
büttel, als er mit seinen Leuten und den Hessen an ihrer Stadt vorbeizog,
den Weg verlegen und eins versetzen; schon hatten sie die Stricke fertig, mit
denen sie die Gefangenen fesseln wollten. Allein es kam umgekehrt, sie
wurden im Tackmannsgraben bei der Feilshecke vor Einbeck in einen Hinter
halt gelockt und ihrer an 400 erschlagen. Ihr Bürgermeister Hinrich van
der Lage war der erste, der das Banner der Stadt von sich warf und die
Flucht ergriff. An 600 Einbecker wurden, mit ihren eigenen Stricken ge
bunden, als Gefangene fortgebracht. In Cassel lagen alle Türme und auch
der Weinkeller unter dem Tuchhaus, der gerade wüst war, voller Gefangener,
die erst gegen schweres Lösegeld frei gegeben wurden. Das erbeutete Panier,
ein weißes Roß in rotem Felde, hat Jahrhunderte hindurch als Siegestrophäe
an einem Pfeiler in der Brüderkirche gehangen.
Die vormundschaftliche Regierung, die den Hessen wenig Dorteil brachte,
endete mit Heinrichs Tod (1483). Wilhelm der Altere, damals siebzehnjährig,
übernahm zunächst die Regierung von ganz Hiederhessen, ließ sich aber auf
Zureden seiner Mutter Mathilde von Württemberg bereit finden, seinem
jüngeren Bruder, der keine Heigung zeigte, den geistlichen Stand zu ergreifen,
1488 einen Teil des Landes abzutreten. Seine Geldnot, die wohl durch die
beschränkten Einkünfte verursacht wurde, kam unserer Stadt und den übrigen
Städten des Diemelstromes, Grebenstein, Jmmenhausen und Zierenberg,
wesentlich zugute. Es bestand in diesen Städten noch das auf alter Hörigkeit
beruhende, übrigens gemein-fränkische und auch in den Reichsstädten dem
König zustehende Recht des Landesherrn, jedwedes Bürgerskind, ob männlich
oder weiblich, mit einer Person seines Hofgesindes zu verheiraten. Als nun der
Landgraf die Dertreter der vier Städte auf den 9. Juni 1489 an den Mönchehof
berufen hatte und hier eine Schatzung von ihnen verlangte, da boten sie ihm
eine Bede, d. h. eine einmalige freiwillige Steuer, unter der Bedingung, daß
er auf jenes Recht verzichte, was auch geschah. Gleichzeitig setzten die von
Cassel die Umwandlung der Hatural-Bierlieferung an den Hof in eine Geld
abgabe durch.
Wilhelm war ein guter, wie es scheint, wenig begabter Herr, den die
Bürger lieb hatten. Als einst im Jahre 1490 die Stadt Cassel in Aufruhr war,
weil einige aus der Bürgerschaft von landgräflichen Hofdienern mißhandelt
worden waren, da genügte sein bloßes Erscheinen auf dem Markt und sein güt
liches Zureden, um die Aufgeregten zu beruhigen. Doch war der alte An-