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herrn Befehl von dessen Volk zusammengehauen werden, als es einen Herzog
von Braunschweig und andere Herren, die unter den Reisigen hielten, der
Wehrlosen erbarmte und es ihnen gelang, den Fürsten uon seinem Vorhaben
abzubringen, daß er den Bürgern Gnade erzeigte. „Also ist durch Schickung
des allmächtigen Gottes und der frommen Herren Fürbitte dieser Handel
ohne Blutvergießen und Schaden gnädiglich abgegangen, und ward diese Zeit
und Handlung der Thomastag genannt“, schließt der Bericht.
Aber Eudwig sehte den alten Rat ab und einen neuen ein mit dem
Bürgermeister Kunz Pflücke an der Spitze. Die Klagen der Bürger werden
also nicht unbegründet gewesen sein, und die Einrichtung einer städtischen
Kämmerei im Jahre 1468, welche den Beginn einer ordnungsmäßigen Führung
des städtischen Haushaltes bezeichnet, bringt Eicht in die Sache. 1 ) Auch der
Harne des einen der beiden ersten Kämmerer, Johans Phlugke, der wohl
ein Bruder des Bürgermeisters Kunz Phlugke war, läßt den Schluß zu, daß
diese beiden Pfänner mit an der Spitze der Bewegung gegen die Mißwirtschaft
des Rates gestanden hatten. 1 2 ) Eandgraf Eudwig freilich kennzeichnet sich in
diesem Streit als einen recht jähzornigen, leicht zu beeinflussenden Herrn, den
gegen die Bürger aufzuhetzen dem Stadtrat nicht schwer geworden war.
Bei alledem ist er, der ritterliche, lebensfrohe und tatendurstige Fürst,
eine sympathische Gestalt, bei den Zeitgenossen weit beliebter als fein Bruder
Heinrich. 6r war den Frauen hold und sie ihm; Gesang und Poesie waren an
seinem Hofe heimisch; aber züchtig war das Eeben, wenn es der Schilderung
eines jungen Sängers entspricht, den Hermann von Köln aus seinem Bruder
hierher gesandt hatte, gerade nicht. Johann von Soest, so hieß das fröhliche
Menschenkind, war im Begriffe gewesen, von Brügge nach Rom zu wandern
und als Sänger bei der päpstlichen Kapelle Aufnahme zu suchen, da machte er
in Köln die Bekanntschaft Erzbischof Hermanns, die feinem Eeben eine andere
Wendung gab. Zwei Jahre brachte Johann am Hofe in Cassel zu, und mit
anerkennenswerter Offenheit berichtet er über diesen Aufenthalt folgendes:
Gin lantgraff was) Herman genant,
Bischofs zu Collen itz bekant,
Derselbig nu ein broder hatt
Zu Cassel sitzen in der statt,
Tzu dem mich schickte alsobald,
Und glich by ym wort ich bestalt.
1) Casseler Stadtrechnungen aus der Zeit von 1468—1553. Hrsg, von Adolf
Stölzel. Cassel 1871, S. V. (Z. H. 6. Suppl. 13).
2) Congeries z. d. J., vergl. auch Rommel: Geschichte von Hessen, Bd. 3, S. 20
u. Anm. S. 12, Hr. 18.