Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

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Cassel allenfalls nur der Tleid, mit dem der jüngere auf den älteren als den 
glücklichen Besitzer dieser Hauptstadt hinsah, die vor Harburg durch ihre 
günstige Hage, ihre Märkte und sonstigen Herkehr so viel voraus habe und 
noch das Hofbier dazu liefern müsse. 1 ) 
Dem inneren Hader der Brüder vorauf ging aber noch ein anderer, 
äußerer, in welchem Ludwig und Heinrich als feinde einander gegenüber 
standen: dies war die Mainzer Stiftsfehde zwischen Diether von Jsenburg und 
Adolf von Nassau, an der sich der Kaiser, der Papst und die vornehmsten 
Reichsstände des Rheinlands, vor allem Kurpfalz, beteiligten. Heinrich als 
Eidam des Grafen Philipp von Katzenelnbogen stand auf seiten Erzbischof 
Diethers, während Ludwig für Adolf Partei ergriff, der ihn im Monat Februar 
1462 in Cassel besuchte und ihm für seine Kriegsauslagen die (auf Diethers 
Seite stehenden) mainzischen Besitzungen im nördlichen Hessen, Hofgeismar 
und den Schöneberg, verpfändete. Als Ludwig im Juli 1462 jene Stadt ein 
nahm und das Bergschloß belagerte, waren auch die von Cassel mit zu Felde, 
und das Martinsstift veranstaltete eine feierliche Prozession für den Sieg. 
Jndem dann im Dertrag von Zeilsheim (den 5. Oktober 1463) Diether von 
seinem Anspruch auf den erzbischöflichen Stuhl zurücktrat, hatte Hessen den 
doppelten Dorteil, daß Ludwig die ihm von Adolf, Heinrich die ihm von 
Diether verpfändeten Landesteile behielt. 
So bewegt die (hier nur flüchtig zu berührende) äußere Politik für Hessen 
damals verläuft, so wenig abwechslungsreich erscheint die innere Geschichte 
unserer Stadt in dieser Zeit, gewiß nur wegen des Mangels an Aufzeich 
nungen. Denn wenn uns berichtet wird, daß auf Freitag St. Thomastag 1464 
Landgraf Ludwig etliche Reisige und Landvolk zu Fuß heimlich und unver 
sehens durch den Baumgarten und das Schloß in die Stadt Cassel gebracht 
habe, in Willen und Meinung, die Bürgerschaft zu überfallen und zu strafen, 
so müssen irgendwelche Reibungen bestanden haben, welche die Bürgerschaft 
in Aufregung versetzten. Man sagte, heißt es weiter in der Chronik, die 
Ursache dieses Handels fei gewesen, daß die gemeinen Bürger dem Bürger 
meister und Rat widersetzlich und ungehorsam sein wollten. Und auch den 
Hamen des Mannes, der sich zum Führer der Bürgerschaft gegen den Rat auf 
geworfen hatte, erfahren wir, er hieß Amelung. Graf Hans von Hohenstein, 
Ludwigs Hauptmann, besetzte auf seinen Befehl die Türme und Tore der 
Stadt. Die Bürger, die ahnungslos zur Feier des Aposteltages in der Kirche 
waren, sollten, als sie wehr- und waffenlos heraustraten, auf des Landes- 
1) Kopp: Bruchstücke zur Erläuterung der teutschen Geschichte, Bd. 2, S. 41.
	        
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