74
Stillstand will Nebdthau in leinen Denkwürdigkeiten der Stadt Casse1)
nickt gelten lallen und glaubt, weil im Jahre 1398 dahier eine Judenschule
erwähnt wird und also wohl eine stärkere jüdische Gemeinde vermutet
werden mufj, daß Handel und Uerkehr nicht in der Abnahme waren.
Ohne dem entgegentreten zu wollen, möchte ich die Einwanderung zahl
reicherer Israeliten dahier auch auf das Edikt von 1384 zurückführen, das
den Handelsverkehr freigab. Der Bau einer städtischen Wage im Jahre 1404
deutet allerdings auf die Hebung des Narktuerkehrs hin. Nit ihrer Wage
bekam die Stadt zugleich Spedition und Güterverkehr in die Hand, und
der Bau eines neuen Rathauses über der Wage, die in dieses Gebäude mit
einbezogen wurde — es lag dem alten, an der Ecke der Narktgasse ge
legenen gegenüber — ist ein weiterer Beweis nicht nur für den Wohlstand
der Stadt überhaupt, sondern auch für das Aufblühen des Handels, da
das Rathaus mit seinen weiten Gängen hier wie überall zu Narktzeiten als
Kaufhaus gebraucht wurde. Das alte Rathaus behielt fortab vorn Handel
nur die Schirnen.
Es bleibt noch übrig, einen Blick auf die hiesigen geistlichen Körper
schaften und ihr Uerhältnis zu Landgraf Hermann zu werfen. Dabei fällt
es sofort auf, wie letzterer das St. Nartinsstift begünstigt, seine Abneigung gegen
das Ahnaberger Kloster aber offenkundig an den Tag legt. Es war im Jahre
1383, im September, kurz nachdem Hermann seiner ersten Gemahlin die Ge-
dächtniskapelle vor dem Zwehrentore gestiftet hatte und er wieder auf
Freiersfützen ging, als er dem Martinsstift ausser der Kirche zu Witzenhausen
auch die Kapellen des Elisabethenhospitals und des Siechenhaufes vor dem
Leipzigertore dahier inkorporierte. Letzteres ist um so auffallender, als er noch
eben bei Stiftung seiner Kapelle (den 24. Juni) die Rechte des Ahnaberger
Klosters als obersten Kirchenpatrons in der Lasseier Terminei ausdrücklich an
erkannt und die Inhaber der beiden Altäre seines Gotteshauses zum Ahna
berger Kirchendienst verpflichtet hatte. Auch Netz die Bestätigung jener In-
korporierung durch den Erzbischof von Mainz, trotzdem Hermann eben mit
diesem gesühnt war, zehn Jahre auf sich warten und geschah erst am 13. Nai
1393. Jm Jahre 1395 aber — der definitive Triede mit Mainz war 1394
zustande gekommen — erachtete Hermann den Zeitpunkt für günstig, das
Trauenkloster noch wirksamer zu bedrängen. Trotz dem klaren und unan-
1) Z.H. 6.. Bd. 13, S. 73.