Full text: Geschichte der Residenzstadt Cassel

Zeit zu letzen ist. Berthold, des Landgrafen Schreiber auf dem Bilstein (bei 
Albungen), schreibt ihm und säht ihn wissen: daß Apel Proyse uon dem Steyne 
ihm kürzlich gesagt habe, daß er gehört habe von Herrn Walther uon Hundels 
hausen und anderen Räten des Markgrafen ein geheimes Gespräch, daß die 
Herren wiederum in das Land (Hessen) ziehen wollten, sobald der Waffen 
stillstand zu Ende gehe, und wollten insbesondere Cassel einnehmen; und 
das sei also uerabredet mit denen, die wieder hinein gekommen seien, datz 
diese sich der Türme und Tore bemächtigen wollten, daß dies nicht fehlen 
solle. Und wenn sie Cassel inne hätten, so sollten ihnen die andern Festen auch 
werden. Und Apel Proyse bitte sehr, datz man ihn nicht uerrate. — So mutzte 
Hermann auf den Wiederausbruch der Feindseligkeiten gefatzt fein, und dieser 
ließ nicht auf sich warten. 
Am 10. Oktober 1388 finden wir die feindlichen Scharen, diesmal den 
Markgrafen und Otto den Quaden allein, ohne den Erzbischof, an dessen Statt 
der allzeit streitfertige Kitter Kurt Spiegel mit den mainzischen Hilfsvölkern 
erschienen war, wieder unter den Mauern unserer Stadt. Cassel wurde zum 
dritten Male in diesem unheiluollen Kriege belagert. Die Belagerung dauerte 
aber diesmal nur zwei Tage; denn als die Hot zum höchsten gestiegen, soll die 
tapfere Landgräfin, die wiederum allein im Schlosse geblieben war, hinaus 
in das Lager der Feinde gegangen fein und habe hier Zwiesprache mit Mark 
graf Balthasar begehrt. Als diese ihr vergönnt war, da sagte sie ihm (wie 
die alte Hessenchronik erzählt) frei unter die Augen, er wäre derjenige ge 
wesen, der sie mit guten und freundlichen Worten ins Hessenland gebracht 
hätte und wollte sie nunmehr wieder daraus uerjagen; schalt ihn einen Fleisch- 
uerkaufer und anders, wie sie wollte; erinnerte ihn auch an die alte Feind 
seligkeit Adolfs gegen ihn selbst und die Hilfe ihres Gatten, dem er diese 
nun so übel lohne, indem er ihm mit jenem, seinem alten Widersacher, das 
Land zu uerderben komme. Ihr Hauptargument aber war wohl das: sie 
hatte im November des Jahres 1387 ihrem Gatten einen Sohn geboren und 
konnte demnach mit Recht heruorheben, daß das Land nicht mehr ohne einen 
Erben sei. Kurz, sie „filzte ihn dermatzen aus, daß er nicht wutzte, was er 
ihr darauf zur Antwort geben sollte“, und am andern Morgen abzog. 
Man hat diese Erzählung ohne genügenden Grund in Zweifel ziehen 
wollen. Ob die Vorwürfe der Landgräfin allein freilich den Markgrafen zum 
Abzüge brachten, oder ob noch andere Gründe, wie zumal der, daß der Land 
graf nicht mehr kinderlos war, für ihn bestimmend waren, bleibt dahin ge 
stellt. Letzterer gewann tatsächlich bald wieder Oberwasser. Er vertrug sich 
im Laufe des folgenden Jahres mit Otto und Balthasar, hörte aber nicht auf, 
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