Full text: Die Stifter der Murhard'schen Bibliothek in Kassel

«urhesskfche S-ndeszeitung — 7. Jahrgang 
UMerlialchng 
Der Teufel üer Koröfee 
Die seltsamen Schicksale öes Bemö Besecke aus Braunschweig 
Bernd Besecke wurde um das Jahr 1500 herum 
in der Stadt Braunschweig geboren. 
Er war ungefähr zwanzig Jahre alt, als der Bru 
der seiner Mutter ihn zu sich nahm. Dieser war ern 
wohlhabender Tuchhändler in der Stadt Hamburg, 
und Bernd sollte dort das Geschäft erlernen. Aber 
es dauerte gar nicht lange, so war er der Schwieger 
sohn seines Oheims geworden. 
Von ihrer Mutier brachte das Mädchen eine an 
sehnliche Mitgift mit: Bernd war plötzlich ein reicher 
Mann und dieses unverhoffte Glück sollte ihm zum 
Verhängnis werden: Bernd Besecke wurde hochmü 
tig, so hochmütig, daß er bald sein ehrliches Gewerbe 
verachtete. 
Sein ganzes Denken und Trachten war nun, zum 
Ratsherrn gewählt zu werden. Er machte sich an 
die Stadtväter heran und prahlte, daß er Großes 
leisten würde, sowie er erst Ratsherr wäre. Aber 
niemand dachte daran, ihn zu wählen. 
Eines Tages starb der Amtmann zu Ritzebüttel. 
Flugs bewarb sich Bernd um diesen Posten und ver 
kündete laut, der Hat müsse unbedingt einen weisen 
und vernünftigen Mann dorthin senden, der mit 
Leuten umzugehen wisse — wie er zum Beispiel. 
Der Posten wurde anderweitig besetzt. Aber diese 
Enttäuschung heilte Bernd nicht. Im Gegenteil! Er 
wurde noch wunderlicher.. Er hatte zu jeder Stunde 
eine Anzahl loser Gesellen in seinem Gefolge, die 
er im Ratskeller traktierte, und setzte es sich in den 
Kopf, in der schlichten Kaufmannsstadt Hamburg 
ritterliche Turniere und Ringelstechen einzuführen, 
wie sie vor zwei- oder dreihundert Jahren bei den 
Grafen und Herzögen üblich gewesen waren. Tatsäch 
lich sandte er einen seiner Trabanten, wie er sie 
nannte, an den hochwohllöbliche Rat mit der Her 
ausforderung, man möge ihm einen Gegner stellen. 
Man lehnte das törichte Ansinnen natürlich ab. 
Nun traf es sich, daß der Kastellan auf der Insel 
Neuwert starb. Kaum hatte Bernd davon erfahren, 
als er sich um diesen Posten bewarb. Es war kein 
wichtiges Amt, aber es reizte ihn, daß der Kastellan 
dort in einem großen Turm, vielfach befestigt, saß 
und Kommando zu führen hatte. Man sprach lange 
im Rat über diese Bewerbung, und schließlich — 
nur um den unbequemen Menschen los zu werden, 
und in der Meinung, daß er auf der Insel kein Un 
heil anrichten könnte — gab man ihm den Posten. 
Bernd mußte einen Eid leisten, daß er die Insel im 
Gefahrenfalle verteidigen wolle und sich jederzeit auf 
dem Turm finden lassen müsse, lebendig oder tot. 
Aber es war ein „verwunschenes" Leben, das er 
dort in der Einsamkeit führen mußte. Keine steben- 
zig Morgen war sein „Reich" groß. Außer dem alten 
Turm, der schon seit Jahrhunderten auf der Insel 
stand, gab es nur wenige ganz elende Fischerhütien 
dort. 
So mußte denn aus der Komödie die Tragödie 
werden. Eines Morgens kam über das Watt vom 
Festlande her ein Mann mit einigen Kühen und bat 
Besecke um Schutz. Er gab an, eine Abteilung Lands 
knechte, die bei Ritzebüttel im Quartier lagen, hätte 
ihn bedroht und ihm sein Vieh wegnehmen wollen. 
Diese Landsknechte warteten darauf, gegen Däne 
mark in Sold genommen zu werden. Es waren wüste 
Gesellen, aber der Schutzsuchende war.auch nichts 
anderes als ein gemeiner Viehdieb; nicht ihn hat 
ten die Soldaten bedroht, er selber hatte vielmehr 
ihnen die Kühe gestohlen. Ob Besecke den wahren 
bestohlen! Das war zuviel! Und da er bei den un 
ruhigen Zeiten an den Landsknechten keine Rache 
nehmen konnte, so schob er alle Schuld in einer un 
erklärlichen Verwirrung auf den Amtmann Plate in 
Ritzebüttel, den er nicht leiden mochte. 
Bernd fuhr nach Hamburg, nannte den Amtmann 
Plate dort einen Bösewicht und Verräter und führte 
großmächtig Klage beim Rat. Er gab an, der Amt 
mann sei die Veranlassung zu dem räuberischen 
Ueberfall der Landsknechte gewesen. 
Der Rat wußte nicht, was er von alledem halten 
sollte, versprach Bernd aber eine eingehende Unter 
suchung. Nach der Rückkehr setzte Bernd seine Insel 
sofort in den Kriegszustand. Er baute Pallisaden 
und Wälle, stellte seine beiden Donnerbüchsen dahin 
ter aus und wartete nun auf den Feind: den ver 
haßten Amtmann aus Ritzebüttel. 
Niemand wollte Bernd Böses tun, niemand ihn 
in seiner „Festung" behindern, aber der Gedanke, 
daß er ein tapferer Krieger wäre, bohrte sich so fest 
in ihn ein, daß er gleich dem Ritter de la Mancha 
kämpfen wollte. Um jeden Preis! 
Drei Tage und drei Nächte lag Bernd auf der 
Wacht. Aber dichter Nebel verhüllte das Watt. Am 
dritten Tage lichtete es sich, und da kam von Ritze 
büttel her ein Ewer, der nach Borkum wollte. Fünf 
Mann Besatzung waren darin. Ein flauer Wind trieb 
das Schiff ganz langsam an Neuwerk vorbei. Bernd 
war außer sich, das konnte nur ein Kundschafter- 
schiff aus Ritzebüttel sein! Plötzlich donnerte es von 
den Wällen herab. Bernd hatte den Zünder an das 
Pulverloch der Kanone gehalten. Zum ersten Riale 
in seinem Leben schoß er eine solche Donnerbüchse 
ab. Es sollte auch das letztemal sein. Bernd traf 
mit unheilvoller Genauigkeit den kleinen Ewer. Drei 
Mann wälzten sich in ihrem Blute. — 
Entsetzt wendeten die beiden Ueberlebenden das 
Fahrzeug und kehrten nach Ritzebüttel mit der Mel 
dung zurück: auf Neuwert müsse der Teufel los 
sein. Drei Tote hatten sie an Bord... 
Acht Tage später kamen zwei armierte Koggen vor 
Neuwerk an. 
Die Hamburger pflegten mit solchen Menschen 
nicht viel Federlesens zu machen. Nach einer wei 
teren Woche trat das Gericht zusammen, das nur ein 
Urteil über Bernd sprechen konnte: Tod durch das 
Schwert, — vorher sollte er mir glühenden Zangen * 
gezwickt werden... 
Bernd erlitt die grausame Pein wie ein wahrhaf 
ter Held. Er starb aufrecht und tapfer, nicht ohne 
vorher eine schwungvolle Rede an das zuschauende 
Volk gehalten zu haben. Peter Hart. 
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Jahr später ausgestoßen. Gegen seinen Stamm tvar 
sie gefallen und l)atte sich an ihm gehalten, und 
seine rissige Rinde hatte Tränen und Weh aufge 
fangen für ein dunkles Lied der Trauer und Tr^- 
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Runöfunk unö Rätselraten 
Relchsfen-er Frankfurt. 6.00: Gymnastik. — 6.30: Früh 
konzert. — 7.00: Nachrichten. — 8.00: Zeit, Wasserstand, 
Weiter, Schneedericht. — 8.10: Gymnastik. — 9.30: Nur' 
Staffel: Musik am Morgen. Spielgemeinschaft Kasseler Be 
rufsmusiker. — 10.15: Schulfunk. „Simplizius Simplizissi- 
mus." Hörspiel. — 10.45: Nur Kassel: Nachrichten. — 11.00: 
Hausfrau. hör' zu! — 11.15: Programm, Wirtschaft, Wetter. 
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(Fortsetzung). — 14.00: Zeit, Nachrichten, Wetter. — 14.10: 
Allerlei von Zwei bis Drei. — 15.00: Wirtschaftsbericht. — 
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Brüder Grimm. — 16.00: Hausmusik von August Halm. — 
16.30: Chopin-Konzert aus Warschau. — 17.00: Orchester- 
Jn der Pause von 16.50—17.00: Vom Gestüt zum Polizei- 
dienst. — 17.50: Helene Fahrni singt Bach. — 18.15: Gar- 
dtnenpredigven. Cltre Hörfolge. — 18.45: Sportfunk. — 19.00: 
Melodien aus „Waldmeister". Operette von Johann Strauß. 
— 19.45: Deutschlandecho. — 20.00: Kernspruch, Weiter, 
Kurznachrichten. — 20.15: Stunde der jungen Nation. Der 
Erbstrom. — 20.45: Abendkonzert. — 22.00: Wetter, Tages 
und Sportnachrichten. — 22.20: Weltpolitischer Monats 
bericht. — 22.45: Deutscher Seewetterbericht. — 23.00—24.00: 
Kammermusik. 
Das tägliche Rätsel 
prachen-Rätsel 
der Erde zu lösen, der er in Treuen gedient." 
Äieöergeschmettert... 
Eine Devrient-Anekdote 
Der geniale Schauspieler Luwrg Devrient halte 
wieder einmal mit seinem lustigen Zechgenossen 
E. Th. A. Hofsmann scharf gepichelt und kam, voll 
des süßen Weines, aus der alten Künstlerkneipe von 
Lutter und Wegner in der Eharlottenstraße direkt zur 
Vorstellung. 
Man gab am Abend die „Räuber" und Devrient 
spielte den Franz Moor. Das Unglück wollte es, 
daß gerade der König am Abend das Theater be 
suchte. 
Ludwig Devrient trat auf, taumelte, schwankte, 
hielt sich hier und dort an Disch und Stuhl fest und 
hatte endlich den Platz erreicht, auf dem er stehen 
mußte. Vor ihm saß der alte Moor, krank, bleich, 
zitternd, und Lauschte gespannt den Worten feines 
Sohnes Franz. Dieser verlas den Brief seines Bru 
ders aus Leipzig. Kaum aber hatte er geendet, da 
verlor er das Gleichgewicht, schwankte und lag plötz 
lich längelang auf der Bühne. 
Im nächsten Augenblick aber war Devrient schon 
nüchtern und sagte mit klagendem Gesicht und nüch 
ternen Tönen: ^ 
„Nicht wahr, mein Vater, ihr seht selbst, die Nach 
richt hat mich zu Boden geschmettert!" 
Brauchen Sie Augengläser? 
Dann besuchen Sie Optiker Heß am Schloßplatz, 
gegenüber der Regierung. In diesem seit mehr als 
100 Jahre existierenden Hause geschieht alles, was 
überhaupt möglich ist, um Ihnen zu einem guten 
und mühelosen Sehen zu verhelfen. 
„Ich will mir die 3000 RM verdienen und dir dein 
Geld wiederbringen." 
freilich — in diesem Falle würde dir mein HauA 
auch die Reiseunkosten vergüten. Aber — ich teile 
deinen Optimismus nicht." 
„Abwarten. Jetzt ist mein Ehrgeiz fesselfrei. Ich bm 
mir auch selber Genugtuung schuldig." 
„Rien ne va plus!" 
Der Croupier, der aussah wie ein pensionierter 
Großherzog, zog den Rechen zurück. Die Kugel rollte.« 
Rollte... 
Die Spielgesichter beugten sich über den grünen 
Tisch, und die Spannung richtete Verwüstung in 
ihnen an. Diese Gesichter gehörten bebenden Tieren, 
eben noch gebändigten. Die wächserne Matrone i» 
einstmals kostbarer Spitzenmantille lächelte sogar, 
aber es war das töricht-irre Lächeln der Lebensbe 
siegten. Und ihre Hände flatterten. Um den erdbeer- 
roten Mund ihrer Nachbarin zuckte es, Verachtung 
des Geldes sollte es ausdrücken und wurde angstvoll 
flammende Gier. Oh, sie war sehr schön, diese dunkel 
lockige Dame in Taubengrau. 
Aber die Frauen gelten nicht viel in Monte Carlo, 
hier liebt man das Geld mehr als die Liebe. Das 
klapperig-bewegliche Altmännchen, eingeschworen aus 
sein „System", war auch eine unsterbliche Type, eben 
so wie der Rusie, der grob wurde, wenn er verlor. 
Rur um die Augenwinkel des Amerikaners grinste 
brutaler Gleichmut. Er hatte dicke Bündel von Ietons 
und Scheinen vor sich liegen, hellrote, viereckige Pla 
ques darunter, die tausend Franken werteten, und er 
warf damit herum, wie mit abgelaufenen Straßen 
bahnfahrscheinen. Seine Luxusyacht lag im Hafen, es 
bedeutete ein Sensatiönchen für ihn, hier in geflügel 
ter Eile 50 000 Franken zu verlieren und dann wieder 
zum Mittagessen nach Nizza hinüberzusegeln. 
(Fortsetzung folgt.> 
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