Full text: Kinder- und Hausmärchen

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Da sagte Zweiäuglein das kürzeste Gebet her, das es wußte, 
'Herr Gott, sei unser Gast zu aller Zeit, Amen,' und langte 
zu und ließ sichs wohl schmecken. Und als es satt war, 
sprach es, wie die weise Frau gelehrt hatte, 
'Zicklein, meck, 
Tischlein, weg.' 
Alsbald war das Tischlein und alles, was darauf stand, 
wieder verschwunden. 'Das ist ein schöner Haushalt,' dachte 
Zweiäuglein und war ganz vergnügt und guter Dinge. 
Abends, als es mit seiner Ziege heimkam, fand es ein 
irdenes Schüsselchen mit Essen, das ihm die Schwestern hin 
gestellt hatten, aber es rührte nichts an. Am andern Tag 
zog es mit seiner Ziege wieder hinaus und ließ die paar 
Brocken, die ihm gereicht wurden, liegen. Das erste Mal und 
das zweite Mal beachteten es die Schwestern gar nicht, wie 
es aber jedesmal geschah, merkten sie auf und sprachen 'es 
ist nicht richtig mit dem Zweiäuglein, das läßt jedesmal 
das Essen stehen und hat doch sonst alles aufgezehrt, was 
ihm gereicht wurde: das muß andere Wege gefunden haben.' 
Damit sie aber hinter die Wahrheit kämen, sollte Einäuglein 
mitgehen, wenn Zweiäuglein die Ziege auf die Weide trieb, 
und sollte achten, was es da vor hätte, und ob ihm jemand 
etwa Essen und Trinken brächte. 
Als nun Zweiäuglein sich wieder aufmachte, trat Ein 
äuglein zu ihm und sprach 'ich will mit ins Feld gehen und 
sehen, daß die Ziege auch recht gehütet und ins Futter 
getrieben wird.' Aber Zweiäuglein merkte, was Einäuglein 
im Sinne hatte, und trieb die Ziege hinaus in hohes Gras 
und sprach 'komm, Einäuglein, wir wollen uns hinsetzen,
	        
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