'daß du nicht so nahe ans Schloß kommst.' Es war ein
schöner Abend, die Sonne schien zwischen den Stämmen der
Bäume hell ins dunkle Grün des Waldes, und die Turtel
taube sang kläglich auf den alten Maibuchen.
Jorinde weinte zuweilen, setzte sich hin im Sonnen
schein und klagte: Joringel klagte auch. Sie waren so be
stürzt, als wenn sie hätten sterben sollen: sie sahen sich um,
waren irre und wußten nicht, wohin sie nach Haus gehen
sollten. Noch halb stand die Sonne über dem Berg, und
halb war sie unter, Joringel sah durchs Gebüsch und sah
die alte Mauer des Schlosses nah bei sich: er erschrak und
wurde totbang. Jorinde sang
'mein Voglein mit dem Ringlein rot
singt Leide, Leide, Leide:
es singt dem Täublein seinen Tod,
singt Leide, Lei—zicküth zicküth, zicküth.'
Joringel sah nach Jorinde. Jorinde war in eine Nachtigall
verwandelt, die sang 'zicküth, zicküth.' Eine Nachteule mit
glühenden Augen flog dreimal um sie herum und schrie drei
mal 'schu, hu, hu, hu.' Joringel konnte sich nicht regen:
er stand da wie ein Stein, konnte nicht weinen, nicht reden,
nicht Hand noch Fuß regen. Nun war die Sonne unter:
die Eule flog in einen Strauch, und gleich darauf kam eine
alte krumme Frau aus diesem hervor, gelb und mager,
hatte große rote Augen und krumme Nase, die mit der
Spitze ans Kinn reichte. Sie murmelte, fing die Nachtigall
und trug sie auf der Hand fort. Joringel konnte nichts
sagen, nicht von der Stelle kommen, die Nachtigall war
fort. Endlich kam das Weib wieder und sagte mit dumpfer