Full text: Kinder- und Hausmärchen

20. 
Daumesdrck. 
Es war ein armer Bauersmann, der saß abends beim 
Herd und schürte das Feuer, und die Frau saß und spann. 
Da sprach er 'wie ists so traurig, daß wir keine Kinder 
haben! es ist so still bei uns, und in den anderen Häusern 
gehts so laut und lustig her? 'Ja,' antwortete die Frau 
und seufzte, 'Wenns nur ein einziges wäre, und wenns auch 
ganz klein wäre, nur Daumens groß, so wollt ich schon zu 
frieden sein; wir hättens doch von Herzen lieb.' Nun ge 
schah es, daß die Frau kränklich ward und nach sieben Mo 
naten ein Kind gebar, das zwar an allen Gliedern voll 
kommen, aber nicht länger als ein Daumen war. Da 
sprachen sie 'es ist, wie wir es gewünscht haben, und es 
soll unser liebes Kind sein,' und nannten es nach seiner 
Gestalt Daum es dick. Sie ließens nicht an Nahrung 
fehlen, aber das Kind ward nicht größer, sondern blieb, 
wie es in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es 
verständig aus den Augen und zeigte sich bald als ein 
kluges und behendes Ding, dem alles glückte, was es anfing. 
Der Bauer machte sich einmal fertig in den Wald zu 
gehen und Holz zu fällen; da sprach er so vor sich hin 
'nun wollt ich, daß einer da wäre, der mir den Wagen 
nachbrächte.' 'O Vater,' riefDaumesdick, 'den Wagen will ich
	        
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