Full text: Kinder- und Hausmärchen

begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös 
aus den Augen geguckt hätte: 'Wenns nicht auf offener Straße 
gewesen wäre, er hätte mich gefressen.' 'Komm,' sagte die 
Großmutter, wir wollen die Thüre verschließen, daß er 
nicht herein kann.' Bald danach klopfte der Wolf an und 
rief 'mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich 
bring dir Gebackenes.' Sie schwiegen aber still und machten 
die Thüre nicht auf: da schlich der Böse etlichemal um das 
Haus und sprang endlich aufs Dach und wollte warten, bis 
Rotkäppchen abends nach Hause ginge, dann wollte er 
ihm nachschleichen und wollts in der Dunkelheit freffen. 
Aber die Großmutter merkte, was er im Sinn hatte. Nun 
stand vor dem Haus ein großer Steintrog: da sprach sie zu 
dem Kind 'nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich 
Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, 
in den Trog.' Rotkäppchen trug so lange, bis der große 
Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Wür 
sten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte 
hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich 
nicht mehr halten konnte und anfing zu rutschen: so 
rutschte er vom Dach herab und gerade in den großen 
Trog hinein und ertrank. Rotkäppchen aber ging fröh 
lich nach Haus und that ihm niemand etwas zu Leid.
	        
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