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Er stellte sich als ein Verirrter vor und sie wieß ihn
zurecht auf den Weg zu der väterlichen Burg. Dort
traf auch der König ein, welcher zu seiner Freude in
dem alten Burgsitze einige Zeit zu rasten beschloß.
Von Stund an sahen sich die beiden jungen Leute
oft und bald trieb die Liebe in beider Herzen zu ver
heißender Knospe. Die feurige, glühende Seele des
jungen Staufen vermochte dieselbe nicht lange geheim
zu pflegen und bald entdeckte sie sich der Jungfrau.
„Kommt zur Kapelle auf jenen Hügel! Dort will
ich Euch morgen um diese Zeit Antwort geben!" sagte
Gela, so hieß die schöne Waldblume, erröthend. Und
als sie sich andern Tages dort fanden, da sagte sie zu
ihm: „Ich will die Euere sein, wenn Ihr mir ver
sprecht, mich nur angesichts der Madonna hier zu
sprechen." Das gelobte er ihr und schwur ihr, nie und
nimmer von ihr zu lassen. — So lebten die Beiden
im Schutze der Göttlichen den schönsten Liebesmai,
rein und unschuldig, wie die Gottesmagd zu ihren
Häupten.
Ohne jegliche Selbstsucht war Gela's Liebe, das
war ihre höchste Tugend. Sie liebte Friedrich um
seiner selbstwillen, so daß sie gar bald im Begriff stand,
ihr Glück seinem Glück zu opfern. — Sie wußte, daß
er dermaleiitst die deutsche Königskrone tragen würde,
denn seinem Ohm war der einzige Sohn gestorben, und
er nunmehr sein nächster Erbe. So oft sie daran
dachte, kam ihr der Gedanke, daß er sein Weib auf
einem Fürstenthrone suchen müsse, und daß sie an ihm
frevle, weitn ihre Liebe diese Stelle einzunehmen beab
sichtige. — Diese Vorwürfe kehrten öfter wieder unb
gebaren endlich einen Entschluß in ihrer Seele. Dem
zufolge fing Gela an, seinen Ehrgeiz zu spornen, daß
er das Kreuz uahm, >rie sein Onkel bereits auf dem
Reichstag zu Speier gethan hatte.
Kurz und schwer war der Abschied der Beiden,
von den Schwüren ewiger Treue besiegelt! Wie der
Kreuzzug König Konrad's an Verrath und Feigheit
scheiterte, setzen wir als bekannt voraus.
Nach Jahresfrist kehrten die Kreuzesritter aus dem
heiligen Lande unverrichteter Sache schon wieder nach
Hause zurück und auf Flügeln der Sehnsucht eilte der
junge Staufe in das Kinzigthal.
Die er suchte, fand er nicht! Gela hatte den
Schleier genommen. Ein Brief von ihr schreckte ihn
aus allen seinen Himmeln und zeigte Gela's aufopfern
des Herz. „Meine Liebe darf Euerem Ruhm kein
Hinderniß sein!" schrieb sie. „Der künftige deutsche
Kaiser muß seine Gemahlin auf Fürstenthroneu suchen!
Lebt wohl! Ewig die Euere!"
Ob Friedrich wohl so leicht ihrer vergaß? Nein,
er baute als Kaiser sich eine prächtige Pfalz an der i
Stelle, wo er Gela einst gefunden und nannte sie Gelas
hausen, daraus unser Gelnhausen geworden ist. Dort
weilte er gern und gedachte mit Pietät der einstigen
Flamme, die noch sein Alter zu erwärmen vermochte.
Von der einstigen Kaiserpfalz sind nur noch Ruinen
erhalten. Wer Gelnhausen besucht, sollte es nicht ver
säumen, sich diese Zeugen einer großen Zeit anzusehen
und dabei des edlen Mädchens zu gedenken.
Der Torso und der wiilsche Meister.
Zur Zeit des westphälischeu Regiments zierte den
zirkelrunden Königsplatz die Marmorstatue des dama
ligen Weltbeherrschers Napoleon l. Sie schmückte einen
Born, der sich inmitten des Königsplatzes befand und
aus seinen Löwenmäulern sein Wasser plätschernd in
ein Gecken ergoß. In der Nacht, in welcher die Ko
saken unter ihrem Hetmann Czernitscheff an Cassel's
Thore klopften und in Cafscl der langverhaltene Grimm
gegen die Unterdrücker losbrach, ward die Bildsäule
durch die Hand eines Jünglings, (Hohmann soll sein
Name gewesen sein,) in falsch verstandenem Patriotis
mus verstümmelt, Arm und Nase waren der imposan
ten Figur in römischem Jmperatorencostüm, den Lor
beer in dem Haare, abgeschlagen. Man hielt dazumal
und noch später die Figur für ein Werk Eanova's, die
Kunstkenner haben das aber längst als einen Irrthum
nachgewiesen.
Nach Wiederherstellung des Kurfürsteuthums wan
derte der Torso von seinem Sockel und in einen Bretter
verschlag des Materialiengebäudes hinter dem Heuma
gazin in der Schäfergasse. —
Was Hohmann's Hand begonnen, ward unter
dem zweiten Kurfürsten fortgesetzt. Derselbe ließ der
Statue die Beine unter dem Knie absägen, und, wie
man sagt, aus dem Marmor Uhrgehänge drehen. Die
spätere Zeit hat denn noch gewaltig in dem Lorbeer
kranz gewirthschaftet und fast keines der halberhabenen
Blätter verschont.
An diesen Torso und die Ansicht, die Statue sei
ein Werk von Eanova's Meisterhand gewesen, knüpft