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Damals war sie so böse gewesen; denn als sie zum
Kaffee das spärliche Wasser aus dem Pütt schöp
fen wollte, war es die reinste — Seifenlauge ge
lworden. Hatten doch die übermütigen Jungen von
1911 ihr ein Stück Seife in den Brunnen plump
sen lassen! Als ich ihr andeutete, wir hätten da
mals eine photographische Aufnahme von ihr und
ihrer Familie gemacht, wird ihr Auge feucht.
Mit dem Schürzenzipfel wischt sie die Tränen.
„Ach, Herr, es war ein so guter Junge, der
Aelteste. Gott habe ihn selig! Der Krieg, ach
der Krieg!"
Ich verspreche, ihr ein Bild der damaligen
Aufnahme zu schicken und versuche nicht weiter
zu trösten!
Kann man eine Mutter trösten, die um ihr
Bestes, ihr Liebstes klagt? Auch diese schlichte
Frau mit dem schwarzen, fest gescheitelten Haar
und den noch schärfer gewordenen Zügen ist eine
Heldenmutter, die still und ergeben ihr schweres
Päckchen trägt und aufgeht im ewigen Einerlei
des Alltags. Die früh mit den Hühnern aufsteht,
den Herd anzündet, Kaffee kocht, schafft und
plackt, scheuert und schrubbt, Holz hackt und Was
ser holt, das magere Essen bereitet und die gro
ßen irdenen Näpfe spült. Die vom frühen Mor
gen bis zum späten Abend überall und nirgends
ist, auf der Tenne und in der Küche, bei den Gä
sten und beim Vieh, auf dem Hofe und am Bach.
Und die zuletzt des Abends noch einmal nach dem