338 Horazjsches Sendschreiben
geschickte Verbindung aus zweyen bekannten ein
neu Wort macht. Sieht man sich genöthigt, um
unerkannte und verdeckte Sachen und Wahrhei
ten zu bezeichnen, ganz neue Benennungen und
Ausdrücke zu suchen, alsdann ist es erlaubt Worte zu
erfinden, davon die alten * Cethegen auch nicht
einmal gehöret: nur daß man sich dieser genom
menen Freyheit mit aller Bescheidenheit bediene.
Diese neugedrechselte Wörter werden leichtlich
Plaß greifen, imb zum Gebrauch aufgenommen
werden, wenn sie aus dem Griechischen hergeholt,
die Aehnlichkeit ihres Ursprungs beybehalten, und
zum Gebrauch einer lateinischen Zunge mäßiglich
gleichsam abgesenket und gedrehet werden. **
Denn warum sollten die Römer denen Poeten
Varius und Virgil ein Recht benehmen, das sie
dem Plaut und dem *** Cacil ehedesten zugestan
den? Und warum wollte man mir, wenn ich eine
kleine Anzahl von neuerfundenen Wörtern in
Schwang bringen kann, dergleichen Freyheit un
tersagen? da man solche weder dem Ennius, noch
dem Cato, zu ihren Zeiten verweigert, wie sie un
sere Muttersprache auf die Art bereichert, und den
Dingen neue Benennungen f gegeben. Es ist ja
von je an erlaubt gewesen, und wird auch wohl
immer erlaubt bleiben, Wörter und Redensarten
zu münzen, nur daß sie mit einem heut zu Tage
üblichen
* nach gabi scher Tracht bis an weder durch eine Gleichheit,
den Nabet geschürzten, Lu- oder eine Nachahmung, oder
can, pharsai* l, i. v. 595. Einflechtung, oder einen Au-
mithin zum schlagen stets satz von Wörtern,
bereiten *** römischen Dichter Statins
-»Es werden aber die Wörter f die auch durch willige Auf,
verjüngt und verneuert ent- nähme bestätiget worden,